Erzbischöfe Gintaras Linas Grusas (l.), und Nikitas Loulias unterzeichnen Dokument Charta Oecumenica 2025
Nach Unterzeichnung aktualisierter „Charta Oecumenica“

Papst würdigt Zusammenarbeit der Kirchen in Europa

Vatikanstadt  ‐ Seit 25 Jahren arbeiten die christlichen Kirchen in Europa enger zusammen, fördern den Dialog nicht nur untereinander, sondern auch mit der Gesellschaft und anderen Religionen. Dieses Engagement würdigte nun der Papst.

Erstellt: 06.11.2025
Aktualisiert: 06.11.2025
Lesedauer: 

Schrumpfende Glaubensgemeinschaften einerseits, neue Generationen und Zuzug von Menschen anderer Kulturen andererseits: Angesichts dieser Herausforderungen hat Papst Leo XIV. das gemeinsame Engagement christlicher Kirchen in Europa gewürdigt. Es sei bemerkenswert, dass sie eine gemeinsame Sichtweise auf die Herausforderungen der Gegenwart entwickelt und Prioritäten für die Zukunft des Kontinents festgelegt hätten, sagte der Papst am Donnerstag im Vatikan bei einem Treffen mit Vertretern christlicher Kirchen in Europa.

Am Tag zuvor hatten sie in Rom die aktualisierte Fassung der „Charta Oecumenica“ unterzeichnet. Seit dem Jahr 2001 ist darin die praktische Zusammenarbeit der Kirchen bei ethischen Fragen, im pastoralen und politischen Einsatz festgeschrieben. Organisatorisch federführend sind die protestantische Konferenz Europäischer Kirchen (KEK) und der katholische Rat der Europäischen Bischofskonferenzen (CCEE). Weitere kirchliche Verbände haben sich angeschlossen.

„Die Herausforderungen, denen sich die Christen auf ihrem ökumenischen Weg stellen müssen, entwickeln sich zweifellos ständig weiter“, so Leo XIV. Darum sei es notwendig gewesen, die Situation in Europa erneut zu untersuchen und sich mit den aktuellen gemeinsamen Anliegen für die Mission der Verkündigung des Evangeliums auseinanderzusetzen.

Es gebe viele neue Stimmen zu hören und Geschichten, die durch tägliche Begegnungen und engere Beziehungen willkommen geheißen werden müssten, so der Papst, „ganz zu schweigen von der Dringlichkeit, Dialog, Eintracht und Geschwisterlichkeit inmitten des Lärms von Gewalt und Krieg zu fördern, dessen Echo auf dem ganzen Kontinent zu hören ist“.

Weltkirche-Bischof Meier: Ökumene dient der ganzen Kirche

Zuvor hatte sich bereits Bischof Dr. Bertram Meier (Augsburg) zur Aktualisierung der Charta Oecumenica geäußert. Meier, der selbst dem Gemeinsamen Komitee von CCEE und KEK angehört, betonte die Bedeutung des Schreibens. „Die Charta Oecumenica ist nichts weniger als die praxisorientierte Verdichtung der Fortschritte bi- und multilateraler interkonfessioneller Dialoge auf europäischer Ebene und darüber hinaus. Sie wollte und will breit und gründlich rezipiert werden. Doch letztendlich geht es dabei nicht um eine ‚von außen‘ diktierte Direktive, sondern um Selbstverpflichtungen, die sich aus der Zusammenarbeit der europäischen Kirchen ergeben“, so Meier. Auch wenn die Charta selbst die ‚ökumenische Rezeption‘ als Konzept nicht ausführlich erarbeite, sei dieser Begriff für das ganze Projekt der ‚Leitlinien für die wachsende Zusammenarbeit zwischen den Kirchen in Europa‘ konstitutiv.

Dabei erinnerte der Vorsitzende der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz daran, dass die Kirchen aufgerufen seien, wohlwollend, aber doch kritisch Gaben interkonfessioneller Zusammenarbeit zu empfangen. „Empfangen als Haltung prägt das Christentum bis zu seinen geschichtlichen Anfängen und seinem innersten theologischen Kern. (…) Auch wenn die Signatarkirchen der Charta Oecumenica unterschiedliche Vorstellungen über Kriterien, Strukturen und Werkzeuge ökumenischer Rezeption haben, sind sie sich grundsätzlich darüber einig, dass es nicht primär um einmalige Ereignisse, sondern um langfristige Prozesse geht. Ohne die Bedeutung von jenen Momenten zu unterschätzen, wo Einheit, Übereinstimmung und Akzeptanz besonders aussagekräftig und sichtbar werden, ist ökumenische Rezeption vor allem eine dynamische, facettenreiche und sich immer weiter entwickelnde Realität“, betonte Bischof Meier.

Er erinnerte in seinem Vortrag auch an den Sinn der Ökumene: „Die Ökumene ist nicht einfach selbstreferenzielle Beschäftigung von Experten, sondern Dienst zum Wohl des ganzen Leibes Christi.“ Deshalb sei eine weitere Rezeption der Charta notwendig: „Gerade weil wir eine fruchtbare Zusammenarbeit auf pastoraler Ebene wollen, müssen wir mutig und innovativ diskutieren: Auch hier dürfen Praxis und Theorie keinen Gegensatz bilden.“

Bischof Meier warb zudem dafür, die demografische, geschichtliche, kulturelle und kontextuelle Vielfalt Europas anzusehen, die sich auch im Rezeptionsprozess der Charta widerspiegele: „Während in einigen Teilen Europas bestimmte Thesen der Charta von 2001 als zu mutig erschienen, konnten Gläubige aus anderen Kontexten ihre Frustration über die vermeintlich ökumenischen Selbstverständlichkeiten des Dokuments und seinen fehlenden Durchbruchscharakter nicht verbergen.

Ähnliche Reaktionen werde auch die neue Version hervorrufen. Bei einem Rezeptionsprozess auf europäischer Ebene könn es allerdings nicht um einen Geschwindigkeitswettbewerb gehen. Vielmehr müsse ein gemeinsamer und von allen aufnehmbarer Rhythmus gefunden werden. Fruchtbar wäre es, wenn die Kirchen in Europa sensibler für diese Asymmetrien werden, aber sie nicht als frustrierend, sondern vielmehr als kritisch-konstruktive Rückmeldungen wahrnehmen, um langfristig zu einem zukunftsfähigen Miteinander zu gelangen.“

KNA

Mehr zum Thema