EU-Parlament beschließt abgeschwächtes Lieferkettengesetz
Straßburg ‐ Bevor ein Schuh im Regal landet, geht er durch viele Hände. Damit die nicht zu viel arbeiten oder von Kindern sind, sollen Firmen Verantwortung für die Lieferkette tragen – aber doch nicht zu viel, entschied die EU.
Aktualisiert: 16.12.2025
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Das EU-Parlament hat endgültig grünes Licht für Lockerungen des Lieferkettengesetzes gegeben. Die Abgeordneten billigten am Dienstag in Straßburg Änderungen, nach denen nur sehr große Unternehmen mit mehr als 5.000 Mitarbeitenden bestimmte Sorgfaltspflichten erfüllen müssen. Bei Verstößen drohen geringere Strafen als ursprünglich geplant. Außerdem können Geschädigte die Firmen nicht auf EU-Ebene zur Rechenschaft ziehen. Erst ab mehr als 1.000 Beschäftigten und mit mehr als 450 Millionen Euro Jahresnettoumsatz müssen Unternehmen Berichte über soziale und ökologische Nachhaltigkeit vorlegen.
Ziel der Lieferkettengesetzgebung ist es, Menschenrechte weltweit zu stärken und die Firmen mitverantwortlich zu machen. Unternehmen argumentierten, dass es hohe bürokratischen Belastungen seien, Regelverstöße entlang der teils komplexen Lieferketten zu prüfen und Berichte zu verfassen.
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Die EU-Staaten und das Parlament hatten sich in der vergangenen Woche nach politischen Auseinandersetzungen geeinigt. Menschenrechtsorganisationen und Hilfswerke kritisierten die Inhalte der Einigung teils scharf, Misereor sprach gar von einem „Desaster für die Menschenrechte und die EU“.
CIDSE, ein Dachverband katholischer Organisationen, die sich für soziale Gerechtigkeit weltweit einsetzen, drückte nicht nur seine „tiefe Besorgnis“ über das Omnibus-Paket zum Ausdruck, sondern konstatierte in seinem Zustandekommen auch einen „beunruhigenden Verfall demokratischer Prinzipien innerhalb der Europäischen Union“. Der Grund: Die EU-Kommission hatte in dem Gesetzespaket „Omnibus I“, das vorgeblich zum Bürokratieabbau eingebracht worden war, zahlreiche Regelungsänderungen untergebracht, die Sozial- und Umweltstandards senken.
Zustimmung des Rats der EU gilt als Formsache
Kritik gab es neben den inhaltlichen Streitpunkten auch am Einreißen der EU-Brandmauer durch die EVP-Fraktion im EU-Parlament. So hatte die Neuregelung bei einer früheren Abstimmung im Europaparlament zum Lieferkettengesetz nicht die übliche Mehrheit von konservativen, sozialdemokratischen und liberalen Parteien bekommen. Stattdessen wurde nun auch die finale Abstimmung mit Unterstützung rechter und rechtsextremer Parteien auf den Weg gebracht.
Der Entscheidung des EU-Parlaments muss noch der Rat zustimmen. Dies gilt als Formsache. Die aktualisierten Nachhaltigkeitsregeln sind Teil eines Vereinfachungspakets, um Bürokratie abzubauen und die Wettbewerbsfähigkeit der EU zu stärken. Die aktuelle Abstimmung bedeutet eine Lockerung des EU-Lieferkettengesetzes, bevor es überhaupt in Kraft getreten ist. Die Sorgfaltspflichten gelten ab Juli 2029.
Das EU-Lieferkettengesetz wurde im April vergangenen Jahres beschlossen. Einschneidend für Debatten um die Verantwortung von Firmen für ihre Produkte entlang der ganzen Lieferkette war der Einsturz einer Textilfabrik in Bangladesch. 2013 starben in Rana Plaza mehr als 1.100 Frauen, weil zu wenig Rücksicht auf Arbeitssicherheit gelegt wurde. Damals war das Entsetzen in Europa groß. In Rana Plaza und ähnlichen Fabriken in Bangladesch werden T-Shirts, Hosen und Hemden für den deutschen und europäischen Markt genäht.
KNA
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