Frank-Walter Steinmeier, Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland
Steinmeier bei Leo XIV., UN-Organisationen und Sant'Egidio

Bundespräsident verbindet Papst-Audienz mit humanitärem Signal

Rom  ‐ Rom ist Sitz wichtiger UN-Organisationen, die gegen den Hunger in der Welt kämpfen. Deutschland ist einer der größten Geber, doch gab es noch nie Besuch von der Staatsspitze bei FAO und Co. Das ändert sich nun.

Erstellt: 22.09.2025
Aktualisiert: 22.09.2025
Lesedauer: 
Von Sabine Kleyboldt (KNA)

Wenn Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am Montag nach Rom reist, kommt es zu zwei Premieren: Er wird erstmals Papst Leo XIV. treffen. Denn zuletzt war Steinmeier Ende April zur Beisetzung von Franziskus in der Ewigen Stadt, zu Leos Amtseinführung am 18. Mai reiste der ebenfalls frisch gekürte Kanzler Friedrich Merz (CDU). Und: Erstmals überhaupt besucht ein hochrangiger Repräsentant der Bundesrepublik die drei im weltweiten Kampf gegen Hunger tätigen UN-Organisationen in Rom. Und das, obwohl Deutschland eines der größten Geberländer ist.

Außerdem: Steinmeier, der mit seiner Frau Elke Büdenbender anreist, legt einen Stopp bei der Gemeinschaft Sant'Egidio in Trastevere ein, die sich als Anwalt obdachloser, geflüchteter, armer und in anderer Weise benachteiligter Menschen sieht und auch in der Bekämpfung von HIV/Aids aktiv ist. Erstmals besuchte er die kirchliche Basisgemeinschaft am 9. Oktober 2017. Außerdem nahm er am Internationalen Friedenstreffen von Sant'Egidio im September 2023 in Berlin teil.

Nach der Privataudienz bei Leo XIV. am Vormittag samt Führung durch den Apostolischen Palast und dem Besuch bei Sant'Egidio gibt es nachmittags ein „UN-Sammeltreffen“: mit der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation FAO, dem Internationalen Fonds für Agrar-Entwicklung IFAD und dem Welternährungsprogramm WFP, in dessen Räumen das Treffen stattfindet.

Einer der Anlässe für Steinmeiers Visite: Die FAO, deren Mitglied Deutschland seit 75 Jahren ist, wird in diesem Jahr 80. Unter den 194 Mitgliedstaaten plus EU war Deutschland zuletzt fünftgrößter Zahler bei den freiwilligen Beiträgen, bei den Pflichtbeiträgen rangiert es auf Platz vier. Doch nie zuvor war ein Bundesaußenminister, ein Kanzler oder gar ein Bundespräsident an den UN-Standorten in Rom.

Steinmeiers Besuch fällt mitten in eine dramatische Weltlage, die mit Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine und vielen weiteren Konflikten von einem extremen humanitären Bedarf gekennzeichnet ist. Experten sprechen von Hungerkatastrophen im Sudan, in Mali, in Haiti, im Jemen und neuerdings auch in Gaza. Auch die Gefahr für humanitäre Helfer wächst. Das WFP hat mehrere Tote zu beklagen, derzeit sind 21 Helfer im Jemen inhaftiert - ohne Anklage oder Begründung.

Nothilfe und Perspektiven

Zugleich gerät die Finanzlage ins Rutschen. Nicht nur die USA, auch viele andere Länder rücken die humanitäre Hilfe nach unten auf ihre Agenda. Umso wichtiger ist laut Experten die Stärkung langfristiger Hilfe: Wenn rechtzeitig ausgesät und in die Landwirtschaft investiert wird, könnte sich der Bedarf an humanitärer Hilfe reduzieren.

Außerdem bemühen sich die UN-Organisationen um neue Geber wie China, die Golfstaaten, Mexiko oder Südkorea. Dass Deutschland immer unter den Spitzenzahlern war und nach dem teilweisen Rückzug der USA noch weiter vorne rangiert, ist ein großes Kapital, für das das Land sehr geschätzt wird. Aber es braucht noch mehr Unterstützer. Schließlich sind derzeit rund 295 Millionen Menschen in 53 Ländern und Gebieten von akutem Hunger betroffen, bei 1,9 Millionen sprechen UN-Experten von einer „katastrophalen“ Lage.

Die drei UN-Büros in Rom arbeiten gemeinsam daran, kurzfristige und langfristige Hilfe besser zu verzahnen – letztlich eine Friedensarbeit, die darauf abzielt, dass das Thema Ernährung die zunehmenden Konflikte nicht weiter verstärkt, sondern dazu beiträgt, dass sie beigelegt werden.

Doch eine kluge Entwicklungspolitik und humanitäre Hilfe kommen letztlich den Geberländern selbst zugute – Stichwörter Migration und Klimakrise. „Wenn die Menschen in anderen Regionen der Welt keine Perspektiven haben, machen sie sich auf den Weg zu uns“ – so die plastische Formel von Experten. Zugleich lehnen viele Regierungen den Begriff „Klimakatastrophe“ ab. Eine Verwässerung der einmal errungenen Begrifflichkeiten wollen die Vereinten Nationen aber nicht zulassen. Überhaupt kämpft man für die Einhaltung des humanitären Völkerrechts – eine Forderung, die Papst Leo XIV. kürzlich selbst äußerte.

Dass Steinmeier auch das Weltoberhaupt der 1,4 Milliarden Katholiken besucht, passt somit ins Programm. Der Heilige Stuhl ist ein klassischer UN-Verbündeter beim Kampf gegen Armut, Hunger und Marginalisierung. Der jetzige Papst, der 20 Jahre in Peru wirkte, kennt durch seine Arbeit mit den Ärmsten die Herausforderungen solcher Länder. Und: Leo wird voraussichtlich persönlich zum Welternährungstag am 16. Oktober kommen, so ist zu hören.

Als US-Amerikaner trauen ihm Beobachter durchaus konkreten Einfluss bis in Washingtoner Kreise und die US-Innenpolitik zu – als Weltgewissen und darüber hinaus. Steinmeiers Besuch bewerten sie als Ausdruck der Wertschätzung für die Arbeit der Vereinten Nationen und ein starkes humanitäres Signal.

Mehr zum Thema