
Expertin: Russisch-orthodoxe Kirche sieht Papst als Verteidiger gegen „Barbaren“
Münster ‐ Fast alle sehen den neuen Papst Leo XIV. in der Tradition von Leo XIII., der im 19. Jahrhundert soziale Fragen in den Mittelpunkt stellte. Auch er selbst sieht es so. Nicht aber die russisch-orthodoxe Kirche.
Aktualisiert: 15.05.2025
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Nach Ansicht der Theologin und Osteuropa-Expertin Regina Elsner schaut die russisch-orthodoxe Kirche anders als die meisten anderen auf Papst Leo XIV. In seiner Gratulation beziehe Patriarch Kyrill die Namenswahl ausdrücklich nicht auf den „Arbeiterpapst“ Leo XIII., sagte Elsner in Münster der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Und das, obwohl das neue Kirchenoberhaupt selbst gesagt hatte, er habe sich für den Namen Leo vor allem deshalb entschieden, weil Papst Leo XIII. (1878-1903) die soziale Frage rund um die erste große industrielle Revolution mit der historischen Enzyklika „Rerum novarum“ behandelt habe.
Den neuen Papst in dieser Tradition zu sehen, führe in Kyrills Weltbild sogar vom wahren Christentum weg, fügte Elsner hinzu. Denn die starke Beschäftigung mit den gesellschaftlichen und politischen Fragen der Zeit sei aus seiner Sicht ein Zeichen der Verweltlichung der Kirche. Ihre Aufgabe müsse es stattdessen sein, die ewigen Glaubenswahrheiten gegen die Angriffe der ungläubigen Welt zu verteidigen.
Ganz in diesem Sinne wolle das Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche den Papst in der Tradition des heiligen Leo sehen, ergänzte die Expertin: „Dieser - also Papst Leo I. oder auch Leo der Große (400-461) - steht nach Kyrills Aussagen für eine Verteidigung des Christentums gegen vermeintliche Barbaren.“
Dieses Bild füge sich ein in die russische Propaganda, ein christliches Europa gegen vermeintliche Feinde zu verteidigen. Zu den Bedrohungen zähle die russisch-orthodoxe Kirche neben dem Islam unter anderem auch eine angebliche „queere Bewegung“, die die Werte der Familie zerstören und letztlich Russland schaden wolle. Als queer bezeichnen sich Menschen, die nicht heterosexuell sind oder deren geschlechtliche Identität nicht mit gesellschaftlichen Rollenbildern übereinstimmt.
Kyrill wolle den Papst damit auch an die „strategische Allianz“ erinnern, mit der die beiden Kirchen sich besonders unter Papst Benedikt XVI. zum Kampf gegen liberale Werte zusammengeschlossen hätten, ergänzte die Expertin.
Diese gemeinsame Vorstellung einer notwendigen Verteidigung gegen eine liberale Ordnung sei auch ein Grund dafür, warum der Vatikan in Russlands Krieg gegen die Ukraine bisher nur sehr begrenzt Einfluss gewinnen konnte.
Papst Leo XIV. könnte hier neue Akzente setzen, hofft Elsner: „Seine Betonung von Gerechtigkeit und die Forderung nach einer Entwaffnung von Sprache sowie seine klare Einordnung des Krieges als imperialistischer Angriffskrieg machen Hoffnung, dass die vatikanische Diplomatie unter Leo XIV. unzweideutig auf der Seite der Ukraine steht und die russische orthodoxe Kirche zur ideologischen und militärischen Abrüstung drängt.
KNA

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