
KAS-Experte: Christen misstrauen der Lage in Syrien
Beirut/Berlin ‐ Wohin entwickelt sich Syrien? Die islamistische Regierung beteuerte wiederholt, sie werde die Rechte von Minderheiten schützen. Doch es kam auch zu schrecklicher Gewalt.
Aktualisiert: 17.04.2025
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Viele Christen in Syrien beobachten die politische Entwicklung im Land nach Einschätzung eines Regionalexperten weiterhin mit Sorge. „Die Massaker der islamistischen HTS-Miliz in der Küstenregion wurden als Zeichen gesehen, dass man als Minderheit auf der Hut sein muss“, sagte der Leiter des Auslandsbüros der Konrad-Adenauer-Stiftung im Libanon, Michael Bauer, bei einem Pressegespräch am Mittwoch. Anders als andere Minderheiten wie Drusen oder Kurden seien die Christen auch in einer schwächeren Position, weil sie kein eigenes Territorium in Syrien kontrollierten oder über eigene bewaffnete Kräfte verfügten.
Bauer hatte sich jüngst zu einem Arbeitsbesuch in der syrischen Hauptstadt Damaskus aufgehalten und war dabei auch mit christlichen Vertretern zusammengetroffen. Diese hätten den Siegeszug der Islamisten und den Sturz des Assad-Regimes im Dezember zunächst mit Sorge gesehen; teils seien Christen vor den Islamisten in den Libanon geflohen. „Doch dann herrschte Überraschung, wie unblutig der Vormarsch und der Machtwechsel vonstattengingen.“ Seit dem Massaker an Hunderten Alawiten in März, die als Unterstützer Assads galten, sei das Misstrauen in der christlichen Gemeinschaft wieder gewachsen.
Zugleich habe er bei seinen Gesprächen in Damaskus aber auch die Antwort erhalten, Christen hätten kein Interesse daran, dass Syrien wegen seiner islamistischen Regierung international isoliert werde. Denn dies schade der wirtschaftlichen Erholung und betreffe dann auch die Lebensumstände der religiösen Minderheit. Ohnehin seien die Hoffnungen der Menschen in Syrien auf eine rasche ökonomische Verbesserung in dem von Bürgerkrieg und Wirtschaftssanktionen schwer getroffenen Land inzwischen enttäuscht worden, so Bauer.
Der Leiter der Abteilung Naher Osten und Nordafrika der Konrad-Adenauer-Stiftung, Thomas Volk, zeigte sich bei dem Gespräch am Mittwoch skeptisch, inwieweit die Regierung unter HTS-Chef und Übergangspräsident Ahmed al-Scharaa tatsächlich eine pluralistische und gleichberechtigte Gesellschaft anstrebt. Zwar habe dieser Ende März mit Hind Kabawat eine Christin zur Sozial- und Arbeitsministerin ernannt. Dennoch seien die Islamisten weiterhin „mit Vorsicht zu genießen“.
KNA

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