
Kirche in Sorge um Syrien – Erzbischof beklagt „Völkermord“
Kall ‐ Syrien erlebt erneut einen Strudel der Gewalt. Die katholische Kirche sorgt sich um die Zukunft nicht nur der Christen. Der Erzbischof von Homs sieht eine Mitverantwortung beim Nachbarland Türkei.
Aktualisiert: 12.03.2025
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Nach den Massakern an der alawitischen Minderheit in Syrien sieht der katholische Erzbischof von Homs, Jacques Mourad, Anzeichen für einen Genozid. Bei der Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz im Kloster Steinfeld in der Eifel sprach Mourad am Dienstag von einem „schrecklichen Verbrechen“ und „Völkermord“. Die Übergangsregierung in Syrien trage die Verantwortung dafür. Aber auch viele Soldaten der Regierung seien getötet worden. Die katholischen Bischöfe in Deutschland äußerten ebenfalls ihre Sorge um die Zukunft der Christen und anderer Minderheiten in Syrien.
Mourad sieht für die Gewaltexzesse auch das Nachbarland Türkei in der Verantwortung: „Die Türkei hat eine Mitverantwortung, weil die Grenzen nach Syrien offen sind auf der Höhe von Idlib. Da kommen die Militärs, diese fanatischen Gruppen, durch, um diese Massaker zu verüben.“ Syrien brauche die Unterstützung der internationalen Gemeinschaft, sagte der Erzbischof. Er war 2015 von Dschihadisten des „Islamischen Staats“ entführt und fünf Monate lang gefangen gehalten worden, bis ihm die Flucht gelang.
Der unerwartete Sturz des Assad-Regimes im Dezember habe viele Hoffnungen geweckt, sagte Mourad. „Wie groß war unsere Freude, als Häftlinge befreit wurden und die Gefängnisse sich leerten, doch die Tage vergingen und die Gefängnisse haben sich wieder gefüllt, vor allem mit Alawiten.“ In willkürlichen Schnellverfahren seien Menschen hingerichtet worden. Die neue Regierung unter Ahmed al-Scharaa habe auch viele Familien aus ihren Häusern vertrieben und deren Inhalt beschlagnahmt.
Der Vorsitzende der Kommission Weltkirche der Bischofskonferenz, Bertram Meier, rief die neue Regierung des Landes auf, den Dialog mit allen gesellschaftlichen Gruppen zu suchen und die Rechte aller Bürger - unabhängig von ihrer Herkunft oder ihrem Glauben – zu achten. Die mutmaßlichen Massaker an den Alawiten ließen auch bei den Christen die Alarmglocken schrillen. Sollte die bisher konziliant wirkende Übergangsregierung ihre Versprechen nicht einlösen, werde die Zahl der noch verbliebenen rund 300.000 Christen wohl noch weiter sinken.
Nahost-Beauftragter Bentz kritisiert Regierung al-Scharaa
Der Nahost-Beauftragte der Bischofskonferenz, der Paderborner Erzbischof Udo Markus Bentz, sagte, das politische Agieren von al-Scharaa sei mehr als besorgniserregend. Es sei abzuwarten, ob er seinen hehren Worten, alle Minderheiten achten zu wollen, wirklich rechtliche Taten folgen lasse. „Und wir sehen erschüttert, was jetzt passiert. Die Worte waren leeres Gerede, zumindest gegenüber der Minderheit der Alawiten.“
Bentz, der vor wenigen Wochen den Irak besucht hat, berichtete von der dortigen Angst, dass die Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) das Land von Syrien erneut infiltrieren werde. Diese Angst wachse, wenn die neuen syrischen Machthaber schrittweise die mit IS-Kämpfern gefüllten Gefängnisse öffneten. Europa müsse den Irak bei Maßnahmen unterstützen, damit der IS nicht neuen Nährboden zwischen Euphrat und Tigris finde.
Nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte wurden vergangene Woche bei Auseinandersetzungen zwischen Anhängern des gestürzten Machthabers Assad und Sicherheitskräften der neuen Regierung mehr als 1.000 Menschen getötet. Berichte über Massaker von islamistischen Miliz-Angehörigen an Alawiten sorgten international für Entsetzen. Assad und ein Großteil der gestürzten Herrschaftselite entstammen der religiösen Minderheit der Alawiten, einer Sekte mit Bezügen zum schiitischen Islam.
KNA

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