Der peruanische Schriftsteller Mario Vargas Llosa
Weltbürger, Schriftsteller und Politiker aus Peru

Mario Vargas Llosa ist tot

Lima  ‐ Er gehörte zu den prominentesten literarischen Stimmen Lateinamerikas. In der Politik mischte Mario Vargas Llosa ebenfalls regelmäßig mit. Erinnerung an einen Weltbürger und engagierten Streiter.

Erstellt: 14.04.2025
Aktualisiert: 14.04.2025
Lesedauer: 
Von Joachim Heinz (KNA)

Um ein deutliches Wort war Mario Vargas Llosa selten verlegen. Die EU beispielsweise nannte er 2018 in einem Interview der „Neuen Zürcher Zeitung“ eine großartige Idee, die jetzt jedoch von nationalistischen Kräften in ihren Grundfesten bedroht werde. „Was alle diese Bewegungen verbindet, ist der Schlachtruf: Nationalisten dieser Welt, vereinigt euch gegen die EU! Was für ein Hohn – und was für eine Blindheit!“

Klartext, der fehlen wird: Vargas Llosa ist tot, wie der Suhrkamp Verlag am Montag auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) bestätigte. Auch die Familie von Vargas Llosa gab seinen Tod auf der Plattform X bekannt. Demnach starb er am Sonntag im Alter von 89 Jahren friedlich im Kreis der Familie in Lima. Vargas Llosa hinterlasse ein Werk, dass ihn überleben werde, so die Familie.

„Der Aristokrat mit dem Lächeln eines Kaimans“, wie die „Neue Zürcher Zeitung“ ihn einmal nannte, gehörte zu den bekanntesten Stimmen Lateinamerikas. Erste Gehversuche als Schriftsteller machte Vargas Llosa bereits in jungen Jahren. Ein Resultat war das 1951 entstandene Theaterstück „Die Flucht des Inka“, das, wie sich der Autor erinnert, so entstand wie die meisten späteren Werke: „Immer wieder neu ansetzend und korrigierend, tausendmal einen völlig wirren Entwurf umarbeitend, der ganz allmählich, nach endlosen Abänderungen, seine endgültige Form annahm.“ Ein Hinweis auf die kreative Urgewalt des Autors – aber bisweilen auch, so monieren manche Kritiker, auf eine gewisse Beliebigkeit.

Längst nicht alles, was Vargas Llosa zu Papier brachte, konnte an den Erfolg seiner frühen Romane „Die Stadt und die Hunde“ (1963) oder „Das grüne Haus“ (1965) anknüpfen. Ein Grundmotiv aber schimmerte immer wieder durch: die kritische Auseinandersetzung mit Macht und Autorität vor dem Hintergrund der vielfältigen gesellschaftlichen Spannungen in seinem Heimatland Peru. Vieles davon hat Vargas Llosa am eigenen Leib erfahren. Er durchlebte eine bewegte und schwierige Kindheit mit zahlreichen Umzügen, in deren Verlauf er erst im Alter von zehn Jahren seinen leiblichen Vater kennenlernte.

Vor dessen Jähzorn flüchtete sich der junge Mario in die Welt der Bücher. Vor allem die Abenteuerromane des französischen Schriftstellers Alexandre Dumas hatten es ihm damals angetan, bekannte er in seinem autobiografischen Werk „Der Fisch im Wasser“. Die heldenhaften Kämpfe eines Grafen von Monte Christo oder der drei Musketiere – vielleicht ist darin auch eine Antriebsfeder für den politischen Einsatz Vargas Llosas zu sehen. Sein Augenmerk galt – wie in vielen seiner mit viel hintergründigem Humor gespickten Romane – den Menschenrechten.

Den Konflikt scheute Vargas Llosa nie

Zum Beispiel als Mitglied der Widerstandsgruppe „Cahuide“ im Kampf gegen die Militärherrschaft unter Manuel Odría in der ersten Hälfte der 1950er Jahre. Oder Mitte der 1980er Jahre als Vorsitzender einer Untersuchungskommission, die die Morde an acht Journalisten in dem von der Rebellenorganisation „Leuchtender Pfad“ beherrschten Gebiet um das Andendorf Uchuraccay aufklären sollte. In diese Linie passte auch seine Kritik an der vom damaligen Staatschef Alan Garcia Ende der 1980er Jahre betriebenen Verstaatlichung des Bankensektors. Es war dieser zeitweilig ungeheuer populäre Protest, der Vargas Llosa das Präsidentenamt bei den Wahlen 1990 anstreben ließ.

Dass er bei diesem Urnengang einem Quereinsteiger, dem japanischstämmigen Agraringenieur Alberto Fujimori, unterlag, hat der erfolgsverwöhnte Schriftsteller anfangs nur schwer verwunden. Seiner Lust an der politischen Debatte konnte die Niederlage freilich wenig anhaben. So lieferte er sich bei der Präsidentschaftswahl 2011 hitzige Wortgefechte mit dem mehr als umstrittenen damaligen Erzbischof von Lima, Kardinal Juan Luis Cipriani. Vargas Llosa unterstützte im Gegensatz zum Kardinal den linksnationalen Kandidaten Ollanta Humala, der später den Sieg über Keiko Fujimori, Tochter von Alberto, davontrug.

Für Schlagzeilen sorgte der Lebemann Vargas Llosa auch in der Rubrik „Privates“. 2015 machte die spanische Presse sein Verhältnis zu der philippinisch-spanischen Journalistin Isabel Preysler publik. Die bunten Blätter verfolgten zeitweilig begierig die Liaison zwischen der „Perle von Manila“, einst Gattin von Schmusesänger Julio Iglesias, und dem Literaturnobelpreisträger, der für die Beziehung seine zweite Ehefrau Patricia Llosa verließ.

Seine große Liebe blieb bis zuletzt die Literatur. Die Kunst des Lesens nannte er einmal „das wichtigste, was mir in meinem Leben passiert ist“.

Mehr zum Thema