
Polen und baltische Staaten wollen Landminen-Verbot aufheben
Warschau/Helsinki ‐ Herstellung und Einsatz von Antipersonenminen verbietet die sogenannte Ottawa-Konvention. Polen, Estland, Lettland und Litauen wollen dieses Abkommen jetzt kündigen. Sie begründen dies mit der „russischen Aggression“.
Aktualisiert: 18.03.2025
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Polen und die drei baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen wollen die internationale Konvention über das Verbot von Antipersonenminen kündigen. Das teilten die Verteidigungsminister am Dienstag in einer gemeinsamen Erklärung mit. Die eigenen Streitkräfte bräuchten Flexibilität und Entscheidungsfreiheit, „damit sie potenziell neue Waffensysteme und -lösungen einsetzen können, um die Verteidigung der verwundbaren Ostflanke des Bündnisses zu stärken“, erklärten sie mit Verweis auf eine militärische Bedrohung aus Russland.
Der Ausstieg aus der sogenannten Ottawa-Konvention muss noch von den Parlamenten der vier Länder beschlossen werden. Das Übereinkommen gilt aktuell in mehr als 160 Ländern weltweit, darunter allen EU-Staaten. Es verbietet den Unterzeichnern den Einsatz, die Produktion, Lagerung und Weitergabe von Antipersonenminen. Dabei handelt es sich um Waffen, die unter, auf oder nahe dem Erdboden explodieren und Menschen verletzen oder töten – und das oft noch Jahrzehnte nach dem Ende von Kriegen. Deutschland ratifizierte das Abkommen 1998.
Mit Finnland erwägt ein weiterer Nato- und EU-Staat, aus dem Abkommen zur Ächtung von Antipersonenminen auszusteigen. Der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses des finnischen Parlaments, Jukka Kopra, nannte eine Kündigung des Ottawa-Übereinkommens durch Polen und die baltischen Staaten eine „gute und kluge Lösung“. Auf der Online-Plattform X erklärte er mit Blick auf eine verschärfte Sicherheitslage: „Es ist wichtig, dass den nationalen Verteidigungskräften im Bedarfsfall ein breites Spektrum an Mitteln zur Verfügung steht.“
Die Minister Polens, Estlands, Lettlands und Litauens betonten, ihre Staaten blieben dem humanitären Völkerrecht verpflichtet, einschließlich des Schutzes der Zivilbevölkerung in bewaffneten Konflikten: „Unsere Nationen werden diese Grundsätze weiterhin aufrechterhalten und gleichzeitig unseren Sicherheitsbedürfnissen Rechnung tragen.“ Seit der Ratifizierung des Übereinkommens über das Verbot von Antipersonenminen habe sich die Sicherheitslage in der Region grundlegend verschlechtert. Die Politiker führen die „Aggression Russlands und seine anhaltende Bedrohung der euro-atlantischen Gemeinschaft“ an.
Russland, China und die USA haben das Ottawa-Abkommen nie unterzeichnet. Auch Indien und Pakistan, der Iran und Saudi-Arabien, Nord- und Südkorea sowie Armenien und Aserbaidschan haben die Konvention immer abgelehnt.
Nach Angaben der Organisation Handicap International wurden 2023 mindestens 5.757 Menschen durch Landminen oder explosive Kriegsreste getötet oder verletzt – 22 Prozent mehr als im Vorjahr. Bei mehr als vier Fünftel der Opfer habe es sich um Zivilisten gehandelt. Unter ihnen wiederum seien fast 1.500 Kinder gewesen. Die meisten Landminen liegen heute in Myanmar, Syrien, Afghanistan, der Ukraine, Jemen, Nigeria, Burkina Faso, Mali, Äthiopien, Irak oder auch Kolumbien.
Mehrere Hilfsorganisationen werfen der russischen Armee den gezielten Einsatz von Landminen im Krieg gegen die Ukraine vor. Dabei handle es sich um eine Waffe neuen Typs mit einem sogenannten seismischen Sensor. Dieser löse bereits durch die Anwesenheit von Menschen in der Nähe aus, noch bevor sie überhaupt auf die Mine träten. Die Durchschlagskraft der Splitter richte sich dann speziell auf die Augen, den Hals sowie die Leistengegend.
KNA

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