US-Präsident Trump zu Besuch bei Papst Franziskus
Vatikan bereitet sich auf Trumps zweite Amtszeit vor

Neues Kapitel in Beziehungen zwischen USA und Heiligem Stuhl

Vatikanstadt  ‐ In Trumps erster Amtszeit pflegten die USA einen offenen Konfrontationskurs zur vatikanischen Außenpolitik. Der Papst gab sich ebenso wenig Mühe, die Antipathie zu verbergen. Klappt es im zweiten Anlauf besser?

Erstellt: 20.01.2025
Aktualisiert: 20.01.2025
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Von Alexander Pitz (KNA)

Die Bilder von der Papstaudienz Donald Trumps im Jahr 2017 sind unvergessen: Der US-Präsident grinst breit, während neben ihm Franziskus mit versteinerter Miene steht. Schon damals schien klar, dass die beiden Staatsoberhäupter nicht miteinander können. Am Ende von Trumps erster Amtszeit war die Liste der Streitthemen lang: China, Nahost, Migration, Klima, Atomwaffen, Todesstrafe. Bei kaum einer Frage gab es einen gemeinsamen Standpunkt.

Differenzen wurden schon im US-Wahlkampf 2016 deutlich. Das aus Argentinien stammende Kirchenoberhaupt bezog unverhohlen Stellung, bezeichnete Trumps Plan für eine Grenzmauer zu Mexiko als „nicht christlich“. Von da an ging es im beiderseitigen Verhältnis stetig bergab. Der Kurs des „America first“ war in vielerlei Hinsicht das genaue Gegenteil der von Franziskus geforderten „Geschwisterlichkeit“.

Diplomaten beider Seiten suchten schließlich die offene Konfrontation. Der Vatikan positionierte sich öffentlich gegen Trumps israelfreundliche Nahost-Initiative. Die USA hingegen kritisierten die Verlängerung eines Vatikan-China-Abkommens über die Ernennung von Bischöfen medienwirksam als unmoralisch. Diese Misstöne haben tiefe Spuren hinterlassen.

Unter Joe Biden gelang ein diplomatischer Neustart. Konfliktthemen wurden kaum noch angesprochen. Stattdessen gab es Zeichen des Entgegenkommens aus Washington. Der Vatikan nutzte die Chance, wieder stärkeren Einfluss auf die Geschicke der Supermacht zu nehmen. Das war nicht zuletzt deshalb möglich, weil Biden den Papst als politischen Verbündeten brauchte. Denn der zweite katholische US-Präsident nach John F. Kennedy sah sich im eigenen Land schwerwiegenden Anfeindungen aus dem konservativen Lager ausgesetzt. Als einige Bischöfe gar erwogen, ihm wegen seiner liberalen Haltung zur Abtreibung die Kommunion zu verweigern, nahm der Papst ihn in Schutz.

Biden revanchierte sich kürzlich, indem er Franziskus den höchsten zivilen Orden der Vereinigten Staaten verlieh: die Freiheitsmedaille mit Auszeichnung. Der 88-Jährige sei „ein Licht des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe, das in der ganzen Welt hell leuchtet“, lobte der scheidende Präsident überschwänglich. Das Weiße Haus würdigte zudem das päpstliche Engagement in der internationalen Friedenspolitik.

Und nun: Fallen Trump und Franziskus nach der Vereidigung des Präsidenten am Montag in alte konfrontative Muster zurück? Für Besorgnis dürfte im Vatikan vor allem die Ankündigung des alten und neuen Regierungschefs sorgen, kurz nach seinem Amtsantritt die größte Abschiebungswelle in der Geschichte Amerikas einzuleiten. Dennoch sind die diplomatischen Vorzeichen heute günstiger als 2017.

„Natürlich wünschen wir ihm alles Gute“, sagte Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin nach Trumps erneutem Wahlsieg. Der Chefdiplomat des Papstes ließ durchblicken, dass er keine wesentliche Verschlechterung der Beziehungen zwischen den USA und dem Heiligen Stuhl erwartet.

Ungewöhnlich auskunftsfreudig streifte Parolin eine ganze Reihe von Themen der internationalen Politik und skizzierte Schnittmengen. Die Wortwahl deutete an, dass es Übereinstimmungen geben könnte zwischen Trump, der einen Verhandlungsfrieden zwischen Kiew und Moskau erreichen will, und der vatikanischen Friedensidee für Osteuropa, die ebenfalls nicht auf einen Siegfrieden setzt. Mögliche Gemeinsamkeiten gibt es auch beim Schutz ungeborenen Lebens. Positiv dürfte man in Rom überdies Trumps aktive Rolle bei der Vermittlung des Waffenruhe-Abkommens zwischen Israel und der Hamas registriert haben.

Und noch ein weiteres Indiz deutet darauf hin, dass der Vatikan den künftigen Präsidenten inzwischen - zumindest ein wenig - wohlwollender betrachtet: So hatte der Papst die amerikanischen Katholiken wenige Wochen vor der US-Wahl 2024 ermutigt, für den Kandidaten zu stimmen, den sie für das „geringere Übel“ hielten. Dabei kam die Kandidatin Kamala Harris wegen ihrer Befürwortung der freien Abtreibung um eine Nuance schlechter weg als Trump.

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