
Angst vor Razzien in Los Angeles – Viele Migranten meiden Gotteshäuser
Washington D.C. ‐ Donald Trump sieht sich als Verteidiger der Religionsfreiheit – doch nicht für jedermann. Aus Angst vor Abschiebung kommen Einwanderer ohne legalen Aufenthaltsstatus nicht mehr in die Kirche. Ein US-Bischof reagiert.
Aktualisiert: 14.07.2025
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Kein gewöhnlicher Sonntag in der US-Metropole Los Angeles: Vor der katholischen Kirche in Boyle Heights haben sich laut einem Bericht der „New York Times“ Mitglieder einer jüdischen Gemeinde postiert. Doch sie kamen nicht, um der Messe beizuwohnen. Sie hielten Ausschau nach Beamten der Einwanderungspolizei. So konnten von Abschiebung bedrohte Latinos unbehelligt in der Kirche beten.
Szenen wie diese sind in den USA kein Einzelfall, seit Präsident Donald Trump den Kampf gegen illegale Migration drastisch verschärft hat. Vielerorts berichten Pfarrer über verunsicherte Gläubige und kaum noch besuchte Kirchen. Das Gemeindeleben sei massiv beeinträchtigt.
In der Kirche El Pueblo de Los Angeles etwa herrscht nun oft gespenstische Stille, wo früher das Leben einer großen Latino-Gemeinde pulsierte. Die Kirche liegt im Herzen eines Viertels, das an das mexikanische Erbe der Stadt erinnert. Sonntags drängten sich hier mehr als 2.000 Besucher, während draußen Touristen flanierten.
Neuerdings komme nur noch die Hälfte zum Gottesdienst, berichtet Pfarrer Arturo Corral. Auch die Zahl der Taufen sei dramatisch zurückgegangen. Corral sagte der „New York Times“, dass Migrantenfamilien in den vergangenen Wochen 60 bis 70 Taufen pro Woche abgesagt hätten – „weil die Menschen Angst haben“. Schließlich gebe es in vielen Fällen Angehörige ohne legalen Aufenthaltsstatus.
Der Bischof von San Bernardino, Alberto Rojas, reagierte auf die angespannte Lage. Er befreite betroffene Gläubige kurzerhand von der katholischen Sonntagspflicht: Der Besuch der Messe ist für sie angesichts andauernder Razzien nur noch freiwillig.
„Wenn dies seine Sicherheit gefährdet“
In einem Brief an die 1,4 Millionen Katholiken vor den Toren von Los Angeles schrieb Rojas, dass Gemeindemitglieder, die bei Gottesdienstbesuchen „echte Angst vor Maßnahmen der Einwanderungsbehörden“ hätten, von dieser Verpflichtung befreit seien. „Angesichts all der Sorgen und Ängste, die Sie empfinden, wollte ich Ihnen für eine gewisse Zeit die Last abnehmen, die sie möglicherweise verspüren, weil sie diese Verpflichtung, zu der unsere katholischen Gläubigen aufgerufen sind, nicht erfüllen können“, führte er seine Beweggründe aus.
San Bernardino ist die zweite Diözese in den USA, die Ausnahmen bei der Sonntagspflicht erlaubt, wie es sie zuletzt während der Corona-Krise gab. Bereits im Mai hatte das Bistum Nashville nach Razzien der Einwanderungspolizei in der Stadt erklärt, dass kein Katholik verpflichtet sei, sonntags zur Messe zu gehen, „wenn dies seine Sicherheit gefährdet“.
Pfarrer Mario Torres leistet unterdessen im Viertel Pico-Union von Los Angeles Widerstand. In seiner Kirche, die hauptsächlich Einwanderer aus Lateinamerika betreut, mussten früher viele Besucher in den Gängen stehen. Nach einer Razzia am 6. Juni füllten sich die Kirchenbänke, die normalerweise 900 Menschen fassen, nur noch zur Hälfte, wie er berichtet.
Torres versichert seiner Gemeinde, dass die Kirche ein sicherer Ort sei. „Wenn die Einwanderungspolizei kommt, schließe ich sie einfach ab. Und wenn sie jemanden festnehmen wollen, bin ich der Erste“, so der renitente Geistliche. Sicherheitshalber sagte er dennoch das jährliche Gemeindefest Ende Juni ab: „Ich wollte die Menschen nicht in Gefahr bringen, weil unsere Gemeindemitglieder den ganzen Tag draußen gewesen wären.“
Die Abwägung, sonntags zu Hause zu bleiben, stellt für die praktizierenden Katholiken unter den illegal Eingewanderten in den USA eine schwere Bürde dar. Die Regierung verfolgt ihren strikten Kurs dennoch weiter: Auch vor Schulen und Kirchen machen die Razzien nicht halt. Religionsfreiheit stößt in den USA eben doch auf Grenzen.

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