Papst Leo XIV. und die Steuerpflicht in den USA
Kirchenoberhaupt zwischen Armutsgelübde und Welteinkommensteuer

Papst Leo XIV. und die Steuerpflicht in den USA

Washington  ‐ Als Augustiner-Mönch lebt Papst Leo XIV. in freiwilliger Armut. Das entbindet den US-Staatsbürger nicht von der Pflicht, in seiner Geburtsheimat eine Steuererklärung abzugeben.

Erstellt: 24.05.2025
Aktualisiert: 21.05.2025
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Von Thomas Spang (KNA)

In einer stillen Zeremonie im Frühjahr 1981 beugte sich der damals 26-jährige Robert Prevost über ein schlichtes Dokument. Er unterschrieb die Worte, die sein Leben für immer verändern sollten. „Ich verzichte hiermit auf mein Recht, Eigentum zu besitzen, und übergebe alle meine Güter dem Orden“, lautete die Kernpassage des Armutsgelübdes, das der junge Mann bei seinem Eintritt in den Augustinerorden unterzeichnete. 44 Jahre später führt das für Papst Leo XIV. zu einem steuerrechtlichen Kuriosum. Denn während der gebürtige US-Amerikaner seine weltlichen Besitztümer aufgab, behielt er etwas, das sich nicht so einfach abstreifen lässt: seine amerikanische Staatsbürgerschaft und die damit verbundenen Steuerpflichten.

Die USA sind eines der wenigen Länder weltweit, das seine Bürger nach dem Prinzip der Welteinkommenssteuer zur Staatskasse bittet. Anders als etwa in Deutschland, wo primär der Wohnsitz über die Steuerpflicht entscheidet, müssen US-Amerikaner unabhängig von ihrem Aufenthaltsort ihr gesamtes globales Einkommen dem amerikanischen Fiskus melden - selbst wenn sie seit Jahrzehnten nicht mehr auf amerikanischem Boden gelebt haben.

Das trifft auch auf Leo XIV. zu, dessen Einkünfte in die Ordenskasse fließen. Der Schatzmeister der Augustiner-Provinz im Mittleren Westen, denen der Papst als junger Mann beigetreten war, James Halstead, illustriert im „Wall Street Journal“ an einem praktischen Beispiel, wie die Steuerpflicht in den USA gehandhabt wird. „Wenn ein Augustiner ein Gehalt etwa als Lehrer verdient, wird es üblicherweise direkt an den Orden gezahlt.“ Dieser sei nach US-Recht eine steuerbefreite Organisation. „Das bedeutet: Die Mitglieder haben kein steuerpflichtiges Einkommen.“

Verkompliziert wird diese Praxis durch den Steuerstatus des Papstes als im Ausland lebender Amerikaner, der zudem an der Spitze eines anderen Staates steht. Als Papst ist Leo XIV. nicht nur das geistliche Oberhaupt der 1,4 Milliarden Katholiken, sondern auch Staatschef des Vatikans. Die steuerrechtlichen Grauzonen beginnen bei der Frage, was überhaupt als Einkommen des Papstes gilt. Leo XIV. bezieht kein festes Gehalt. Stattdessen übernimmt der Vatikan seine Unterkunft, Verpflegung, Reisen und Gesundheitsversorgung und stellt ihm eine monatliche Zulage für persönliche Ausgaben zur Verfügung. „Wenn ich Geld benötige, um Schuhe oder etwas anderes zu kaufen, bitte ich darum“, hatte sein Vorgänger Papst Franziskus diese Praxis einmal beschrieben.

Muss der Papst eine US-Steuererklärung machen?

Diese Zuwendungen in ein steuerpflichtiges Einkommen umzurechnen, dürfte selbst erfahrene Steuerberater vor Herausforderungen stellen. Nach Einschätzung von Experten wie Jared Walczak von der Tax Foundation in Washington dürfte die päpstliche Unterkunft im Vatikan - sei es nun der prächtige Apostolische Palast oder die bescheidenere Residenz im Gästehaus Santa-Marta - von der Besteuerung ausgenommen sein.

Problematischer wird es beim Thema „Zeichnungsbefugnis“, also der Kontrolle über die Verwendung von Geldern oder anderen Vermögenswerten. US-Bürger im Ausland müssen dem Fiskus Bericht erstatten, wenn sie ausländische Bankkonten haben, deren Gesamtwert 10.000 Dollar übersteigt. Da der Papst als Staatsoberhaupt Zugriff auf die Finanzen des Vatikans hat, könnte diese Regelung zutreffen. Der Freibetrag von bis zu 130.000 Dollar an ausländischem Einkommen bei der US-Einkommensteuer gilt zudem nicht für Einkünfte aus der Arbeit für eine fremde Regierung. Auch das könnte abhängig von den Umständen relevant werden.

Obwohl beide Seiten einen Weg finden könnten, Leo XIV. von der Abgabe einer Steuererklärung in den USA zu befreien, raten Experten wie David Lifson von der Kanzlei Crowe dem Papst dazu, es freiwillig zu tun. „Das ist eine Möglichkeit für Leo, Respekt vor seiner Staatsbürgerschaft zu zeigen“, sagte der Steueranwalt dem „Wall Street Journal“. „Es bestätigt aktiv, dass er wenig bis keine Steuern schuldet.“

In einer Zeit, in der die katholische Kirche um Transparenz und moralische Vorbildfunktion ringt, könnte die Entscheidung des Papstes, seinen bürgerlichen Pflichten nachzukommen, ein starkes Signal senden. Ohnehin dürfte der steuerpflichtige Betrag dank der Armutsgelübde am Ende ohnehin gleich null sein.

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