Polen gedenkt Popieluszko
Warschau ‐ Jerzy Popieluszko protestierte in den 1980ern gegen das kommunistische Regime in Polen. Geheimdienstagenten brachten den Priester deswegen um. Am Jahrestag denkt das Land an den Nationalhelden; auch Präsident Duda.
Aktualisiert: 21.10.2024
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Polen hat am Wochenende der Entführung und Ermordung des Priesters und Nationalhelden Jerzy Popieluszko vor 40 Jahren durch den kommunistischen Geheimdienst gedacht. Staatspräsident Andrzej Duda und Vizeregierungschef Wladyslaw Kosiniak-Kamysz legten Kränze an Popieluszkos Grab in Warschau nieder. Bei einer Messe in dessen ehemaliger Pfarrkirche im Stadtteil Zoliborz betonte Duda, dank der Anstrengungen des Priesters und anderen Angehörigen seiner Generation sei Polen heute ein freies Land.
Der Präsident würdigte „die immensen Verdienste der polnischen Kirche“. Geistliche seien während des Kommunismus mutig und entschlossen für Freiheit eingestanden.
Mehrere Tausend Menschen beteiligten sich am Samstag an einem Gedenkmarsch zu der Kirche, in der Popieluszko einst wirkte und in deren Vorgarten sich sein Grab befindet. Unter ihnen war auch der Vorsitzende der nationalkonservativen Oppositionspartei PiS, Jaroslaw Kaczynski. Viele Teilnehmer trugen weiß-rote polnische Fahnen.
Der Warschauer Kardinal Kazimierz Nycz bezeichnete Popieluszko in seiner Predigt als „Zeuge des Evangeliums der Liebe und Verteidiger der Menschenwürde“. Er ermunterte auch zu Gebeten für eine schnelle Heiligsprechung des einstigen Pfarrers der Gewerkschaft und Freiheitsbewegung Solidarnosc (Solidarität).
Das Unterhaus des Parlaments, der Sejm, erinnerte ebenfalls an Popieluszko. In einer am Freitag angenommen Resolution hieß es, der Priester habe mit seinen Worten „die Lügen der kommunistischen Besatzer“ offengelegt und deren Menschenrechtsverletzungen verurteilt.
Papst Benedikt XVI. (2005-2013) hatte ihn 2010 selig gesprochen. Popieluszko hatte in seinen Predigten die damals verbotene Solidarnosc im Kampf gegen die kommunistischen Machthaber in Warschau unterstützt. Das Interesse an seinen monatlichen „Messen für das Vaterland“ war enorm. In ihnen prangerte er von 1982 bis zu seinem Tod die Verbrechen des Regimes offen an. Er rief dazu auf, das Böse mit dem Guten zu überwinden und dem Hass zu entsagen.
Als der 37 Jahre alte Geistliche am 19. Oktober 1984 mit dem Auto von einem Gottesdienst in Bydgoszcz (Bromberg) zurück nach Warschau fahren wollte, hielten ihn Agenten des polnischen Geheimdienstes an und entführten ihn. Tage später wurde sein gefesselter Leichnam aus einem Stausee bei Wloclawek (Leslau) geborgen. Der Auftragsmord an ihm verstärkte landesweit den Widerstand der polnischen Bevölkerung gegen das Regime und trug mit zum Fall des Kommunismus fünf Jahre später bei.
An Popieluszkos Beerdigung nahmen mehr als eine halbe Million Menschen teil, die damit auch ihren Wunsch nach Freiheit in Polen unterstrichen. Um das Volk zu beschwichtigen, ließ das Regime 1985 drei Geheimdienstmitarbeiter für den Mord an dem Priester zu hohen Haftstrafen verurteilen. Die Drahtzieher wurden aber nie bestraft.