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Christliche Gemeinschaft im Libanon steht unter Schock
Aachen/München/Beirut ‐ Die christliche Gemeinschaft im Libanon steht durch die aktuellen intensiven Luftkämpfe zwischen Israel und der Hisbollah-Miliz unter Schock und hohem humanitärem Druck.
Aktualisiert: 02.10.2024
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Die christliche Gemeinschaft im Libanon steht durch die aktuellen intensiven Luftkämpfe zwischen Israel und der Hisbollah-Miliz unter Schock und hohem humanitärem Druck. „Wir wissen nicht, ob sich der Konflikt zu einem Krieg mit allen Mitteln ausweitet, oder ob es einen Waffenstillstand geben wird. Diese Ungewissheit macht den Menschen in den christlichen Dörfern und Stadtteilen große Angst“, sagte Michel Constantin am heutigen Dienstag gegenüber der katholischen Hilfsorganisation Missio Aachen. Er leitet die Partnerorganisation CNEWA in Beirut, eine christliche Hilfsorganisation. Mehr als ein Drittel der Menschen im Libanon gehören christlichen Konfessionen an.
Besonders betroffen von Luftschlägen sind der Süden des Libanons, die nördliche Bekaa-Ebene und der Süden der Hauptstadt Beirut. Christliche Diözesen, Pfarreien, Schulen und Klöster leisten dort schon umfangreiche Hilfen für Menschen in Not, wie Constantin weiter berichtet. „Sie nehmen Geflüchtete auf, verteilen Essen, Getränke und leisten medizinische Erstversorgung, auch wenn sie sich selbst in einer gefährlichen Lage befinden“, schilderte Constantin. „Vor allem für die Schülerinnen und Schüler der christlichen Schulen ist die Lage katastrophal, sie können zum Teil schon längere Zeit nicht unterrichtet werden“, wies Constantin auf ein weiteres Problem hin. Die christliche Gemeinschaft hofft, dass die Gespräche am gestrigen Dienstag zwischen Unterhändlern aus Katar, Ägypten, der Türkei und Frankreich Erfolg haben. „Deshalb hatte das Bombardement auch ein wenig nachgelassen, wie wir vermuten“, sagte Constantin. Er hoffe insbesondere, dass sich Luftangriffe nicht noch stärker auf die Gebirgskette des Mount Libanon ausweiten, in der sehr viele Christinnen und Christen leben.
Ordensschwestern aus der Bekaa-Ebene: „Es ist schwer, die Angst auszuhalten“
Wie in der südlichen Grenzregion liegen auch in der Bekaa-Ebene mehrheitlich christliche Dörfer oft neben mehrheitlich schiitischen Dörfern, in denen die Hisbollah-Miliz präsent ist. So sind auch Christinnen und Christen von Angriffen betroffen. Dort helfen beispielsweise die Ordensschwestern und Missio-Partner der maronitischen Kongregation der „Sisters of the forsaken Jesus“. Schwester Sr. Jovanna Abillama versicherte heute im Gespräch mit missio Aachen, dass sie weiter an der Seite der Menschen bleiben und dort helfen, wo sie gebraucht werden. „Es ist schwer, die Angst in den Augen der Menschen und Kinder zu sehen und auszuhalten. Es ist eine große Herausforderung, ihnen Hoffnung und die Aussicht auf Frieden zu vermitteln, während gleichzeitig das Geräusch explodierender Bomben und Raketen ihren gesamten Tag, ihren Schlaf, und selbst ihr Atmen durchdringt“, sagte Sr. Jovanna. Die Missio-Projektpartnerin bittet „insbesondere um das Gebet für den Libanon und wir werden darauf vertrauen, dass Gott uns letzten Endes Frieden schenken wird. Das ist meine Botschaft an die Menschen in Deutschland.“
„Wir sind tief betroffen von den Ereignissen im Libanon und hoffen, dass es nicht zu einem zweiten Gaza kommt. Der Mut unserer Partnerinnen und Partner, von denen wir viele seit langen Jahren kennen, verdient höchsten Respekt. Wir werden gemeinsam mit unseren Unterstützerinnen und Unterstützern weiterhin solidarisch sein“, erklärte Pfarrer Dirk Bingener, Präsident von Missio Aachen.
Angst und Verzweiflung
Auch Partner von Missio München berichten von Angst und Verzweiflung. „Wir waren die ganze Nacht auf den Straßen und haben Wasser und Lebensmittel verteilt. Viele der Familien haben ein Familienmitglied verloren, das tot oder vermisst ist. Ihre Häuser sind zerstört, sie sind beunruhigt, und viele suchen am Strand Schutz und warten auf den nächsten Schritt“, berichten kirchliche Partner aus dem Küstendorf Rmeileh im Bezirk Chouf. Auch in den Dörfern, die noch nicht beschossen wurden, herrsche große Angst, da die Einschläge aus den umliegenden Dörfern zu hören sind.
Die Sacred Heart-Schwester (Schwestern vom Heiligsten Herzen Jesu) betreiben im Südlibanon eine Schule im Dorf Ain Ebel, die christliche und muslimische Schülerinnen und Schüler aus den umgebenden Dörfern aufnimmt. „Die Raketen schlagen direkt neben uns ein, das Kloster wackelt“, schildert Schwester Maya Beiano die Situation. Die Ordensfrau will vor Ort bleiben: „Solange es in dem Dorf ein Kind und eine Mutter gibt, werde ich meine Mission aufrechterhalten.“ Die Menschen, die aus den beschossenen Dörfern fliehen, sind in Panik. Teilweise müssen sie getötete Familienmitglieder ohne Beerdigung zurücklassen, um sich selbst und andere Familienmitglieder zu retten.
Dramatisch ist die Lage auch in der Küstenstadt Tyros. So berichtet der griechisch-katholische Priester Marios Khairallah, dass sich die Stadt im Kriegszustand befinde. Der Hauptzugang werde bombardiert und sei zerstört. „Menschen, die aus ihren Häusern fliehen wollten, saßen über Nacht fest und warteten auf die Beseitigung der Trümmer.“ Die Erzdiözese Tyros habe 250 Menschen muslimischen Glaubens aufgenommen, die die Nacht unter miserablen Bedingungen verbrachten. Der Bedarf an Lebensmittel- und Hygienepaketen und weiteren Hilfsgütern sei „enorm“.
weltkirche.de/Missio Aachen und Missio München
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