Polizist mit Halfter, in dem eine Pistole steckt.
Mit Unterstützung aus Ostafrika

Internationale Hilfsmission nimmt Arbeit in Haiti auf

Port-au-Prince ‐ In Haiti toben Bandenkriege, die Sicherheitslage verschlechtert sich zusehends. Nun entsendet Kenia eine Polizei-Einheit. Und US-Präsident Joe Biden fordert den Rest der Welt zu mehr Engagement auf.

Erstellt: 28.06.2024
Aktualisiert: 28.06.2024
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Von Tobias Käufer (KNA)

Für den von anhaltenden Bandenkriegen erschütterten Karibikstaat Haiti ist es ein wichtiges Signal: Am Dienstag sind laut Medienberichten die ersten Polizisten aus Kenia eingetroffen, die im Rahmen einer internationalen Mission mithelfen sollen, das Land zu befrieden. Bilder zeigen, wie die kenianischen Polizisten auf dem Flughafen Toussaint Louverture in der Hauptstadt Port-au-Prince die Gangway des Flugzeugs hinuntersteigen. Einige lassen dabei die Flagge ihres Heimatlandes im Wind flattern.

Mit dem Eintreffen der ersten Polizisten aus Ostafrika beginnt ein enorm schwieriger, aber politisch bedeutsamer Einsatz. Einerseits ist die Operation brandgefährlich. Andererseits signalisiert der Globale Süden auf diese Weise, dass er in der Lage ist, sich selbst zu helfen. Hat Kenias schwierige Mission Erfolg, dürfte sich das auf andere Krisenherde der Welt auswirken, wo Truppen der USA oder des Westens generell nicht willkommen sind.

Die USA haben großes Interesse daran, dass die Polizeimission in Haiti gelingt. Denn angesichts brutaler Gewaltexzesse rivalisierender Banden ist die Migration aus dem ärmsten Land der westlichen Hemisphäre gestiegen. Washington beteiligt sich logistisch und finanziell an dem Vorhaben, die Führung aber hat Kenia. Anfang des Jahres hatte zudem das westafrikanische Benin zugesagt, 2.000 Soldaten zu entsenden.

„Die Menschen in Haiti verdienen es, sich in ihrem Zuhause sicher zu fühlen, ein besseres Leben für ihre Familien aufzubauen und demokratische Freiheiten zu genießen“, zitieren Medien aus einer aktuellen Stellungnahme von US-Präsident Joe Biden. Auch wenn diese Ziele nicht über Nacht erreicht werden könnten, biete die Mission die beste Gelegenheit, sie zu verwirklichen, so Biden weiter.

Ähnlich äußerte sich der für Lateinamerika zuständige US-Diplomat Brian Nichols am Rande einer Veranstaltung der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) in Paraguay: „Mit dem Eintreffen der kenianischen Streitkräfte zur Unterstützung der haitianischen Regierung und der Polizei wurden einige sehr wichtige Schritte unternommen.“

Bandenkriminalität als Nagelprobe

Der Friedens-Mission ging eine lange innenpolitische Krise in Haiti voraus. Nach dem Mord an Staatspräsident Jovenel Moise 2021 bauten illegale bewaffnete Banden ihre Macht aus und begannen, die Bevölkerung zu terrorisieren. Interimspräsident Ariel Henry trat nach monatelangen Unruhen zurück. Nun gelang es einem Übergangsrat, eine neue Interimsregierung zu bilden. Der neue Premierminister Garry Conille beriet am Dienstag mit den Leitern der neun Großstadtmetropolen über das Thema Sicherheit. Dabei ging es nicht zuletzt darum, wie die Mission aus Kenia integriert werden kann und welche Rechte die ausländischen Polizisten haben.

Entscheidend für den weiteren Verlauf wird aber das Vorgehen der gefürchteten Banden sein. Einige Bandenführer erklärten sich bereit, einen Dialog mit der Regierung zu führen. Andere warnten die ankommenden Einheiten, sich nicht wie Besatzer aufzuführen. Sonst würden sie wie Feinde behandelt. Eine offene Drohung.

Zuletzt machten internationale Organisationen immer wieder auf die verheerende Lage in Haiti aufmerksam. Der Hunger treibe Heranwachsende dazu, sich den Banden anzuschließen, erklärte die Kinderhilfsorganisation Save the Children. Die Hungernden gingen dorthin, wo Nahrung zu bekommen sei - auch wenn das bedeute, dass sie töten und plündern müssten. Der katholische Geistliche Henry Marc Simeon aus dem Erzbistum Port-au-Prince sagte kürzlich, die Tragödie in Haiti habe einen Punkt erreicht, an dem die konkrete Gefahr eines Völkermordes bestehe.