Flagge von Guatemala. KNA/Elisabeth Schomaker
Adveniat-Expertin: „Fest der Demokratie“

Guatemala vor Regierungswechsel

Mit allerhand Tricks versuchte der Machtzirkel um Guatemalas Noch-Präsident Alejandro Giamattei, dessen gewählten Nachfolger Bernardo Arévalo am Amtsantritt zu hindern – ohne Erfolg. Am Sonntag wird er vereidigt.

Erstellt: 12.01.2024
Aktualisiert: 12.01.2024
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Der Sieg von Bernardo Arévalo bei den Stichwahlen um die guatemaltekische Präsidentschaft am 20. August 2023 kam für die meisten Beobachter überraschend. Mit einem klaren Votum und einem Abstand von über 20 Prozentpunkten entschied sich das Wahlvolk des mittelamerikanischen Landes gegen die frühere First Lady Sandra Torres Casanova. Doch Noch-Präsident Alejandro Giammattei, seit 2020 an der Macht und Teil des in Guatemala sprichwörtlichen „Paktes der Korrupten“ aus reichen, einflussreichen Kreisen, der bislang Parlament, Justiz und staatliche Institutionen kontrollierte, versuchte den Amtsantritt Arévalos zu verhindern – erfolglos. Am Sonntag (14.01.) soll nun die Vereidigung stattfinden.

Inés Klissenbauer sieht den anstehenden Machtwechsel positiv. „Am 14. Januar wird in Guatemala der Sieg der Demokratie über den Pakt der Korrupten gefeiert“, ist die Mittelamerika-Referentin des Lateinamerika-Hilfswerks Adveniat überzeugt. Den Sieg Arévalos sehen zivilgesellschaftliche Kräfte als klares Votum des guatemaltekischen Volkes für Demokratie und Rechtstaatlichkeit sowie gegen Korruption und Ausbeutung. 

Druck aus dem In- und Ausland

Dafür, dass die Kampagnen gegen Arévalo nicht erfolgreich waren, sieht Klissenbauer vor allem zwei Gründe. „Insbesondere die Organisationen der indigenen Völker haben einen riesigen Anteil daran, dass Arévalo mit seiner Anti-Korruptions-Agenda jetzt das Präsidentenamt antreten kann.“ Sie hätten protestiert und mit ihren friedlichen Aktionen das Land lahmgelegt, um jeden Versuch eines Staatsstreichs zu verhindern, so die Adveniat-Referentin.

Bild: © Adveniat

Erwartet ein „Fest der Demokratie“: Adveniat-Referentin Inés Klissenbauer

Doch auch die klare Position der internationalen Gemeinschaft habe dazu beigetragen. „Die Europäische Union, die Organisation Amerikanischer Staaten, die USA und die Vereinten Nationen haben gemeinsam klare Kante gezeigt, indem sie Sanktionen aufrechterhalten und Reisebeschränkungen gegen diejenigen verhängt haben, die einen friedlichen Übergangen torpedieren wollten“. Guatemala sei unmissverständlich aufgezeigt worden, dass jeder Versuch, den demokratischen Willen des Volkes zu untergraben, katastrophale Folgen haben werde.

Die Teilnahme zahlreicher Staats- und Regierungschefs am Amtsantritt von Bernardo Arévalo ist daher kaum überraschend. Neben Präsidenten aus Süd- und Mittelamerika haben sich auch Joseph Borrell als Vizepräsident der Europäischen Kommission und Hoher Vertreter der EU für Außenpolitik sowie eine Delegation des deutschen Bundestags um den Beauftragten der Bundesregierung für Religions- und Weltanschauungsfreiheit, Frank Schwabe, angekündigt.

Kardinal Ramazzini: Pakt der Korrupten noch nicht besiegt

Auch die Kirche des mittelamerikanischen Landes, die für den 15. Januar eine große Messe in der Kathedrale von Guatemalla Stadt angekündigt hat, zeigte sich beruhigt angesichts der jüngsten Entwicklungen, bat aber gleichzeitig die internationale Gemeinschaft, aufmerksam zu bleiben.

Kardinal Álvaro Ramazzini, langjähriger Partner des Lateinamerika-Hilfswerks Adveniat, hatte seine internationale Popularität und auch seine Präsenz in Deutschland während der Eröffnung der bundesweiten Adveniat-Weihnachtsaktion im Dezember 2023 gezielt genutzt, um auf die Machenschaften der korrupten Eliten Guatemalas gegen Arévalo und seine Unterstützer hinzuweisen. Er machte auch den Versuch öffentlich, ihn mit der falschen Behauptung zu kriminalisieren, es gebe einen Haftbefehl gegen ihn. Zudem berichtete er davon, dass Professoren und Studierende der Universität San Carlos nach Protesten ins Gefängnis gesteckt und erst gegen Kaution wieder auf freien Fuß gesetzt wurden, weil sie gegen die Einsetzung eines der noch amtierenden Regierung genehmen Rektors protestiert hatten.

Bild: © KNA

Auch international gut vernetzt: Kardinal Álvaro Ramazzini

Der internationale öffentliche politische Druck muss nach Ansicht Ramazzinis jedoch weiter aufrecht gehalten werden. So ist für den Kardinal auch mit dem Amtsantritt Arévalos der Pakt der Korrupten keineswegs endgültig besiegt. „Spannend bleibt die Frage, ob seine nach dem Wahlsieg verbotene Partei Movimiento Semilla vom Obersten Gerichtshof von den vollkommen falschen Anklagen freigesprochen wird. Bleibt die Partei ausgeschlossen, hätte der neue Präsident keinen Rückhalt im Parlament. Das würde ihn deutlich schwächen“, befürchtet er.

weltkirche.de mit Informationen von Adveniat

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