Adveniat kritisiert Wahlen in Guatemala als unfrei

„Viele haben das Land verlassen, um unfairen Prozessen zu entgehen“

Essen ‐ Am Sonntag bestimmt Guatemala ein neues Parlament sowie die Nachfolge von Präsident Alejandro Giammattei. Nach einer fairen Abstimmung sieht es bislang nicht aus.

Erstellt: 22.06.2023
Aktualisiert: 21.06.2023
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Das Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat sieht die anstehenden Präsidenten- und Parlamentswahlen in Guatemala nicht als frei an. „Von demokratischen Wahlen kann keine Rede sein“, erklärte die Mittelamerika-Referentin Ines Klissenbauer am Montag in Essen. Fast alle aussichtsreichen Oppositionskandidaten seien mit Hilfe des Verfassungsgerichts in abgekarteten, von oben gelenkten Verfahren ausgeschlossen worden.

Adveniat nennt zum Beispiel Thelma Cabrera vom indigenen „Movimiento para la liberacion de los pueblos“ (Bewegung für die Befreiung der Völker), den früheren Ombudsmann für Menschenrechte Jordan Rodas oder den Unternehmer und Überraschungskandidaten Carlos Pineda. „Unabhängige Richter, Journalisten und Vertreter von Indigenenverbänden werden systematisch kriminalisiert. Viele haben das Land verlassen, um unfairen Prozessen zu entgehen“, so Klissenbauer.

Zu den aussichtsreichsten Bewerbern um das Präsidentenamt gehört Zury Rios, Tochter des einstigen Diktators Rios Montt. Dieser war Anfang der 80er Jahre verantwortlich für zahlreiche Massaker an den Maya. 2019 war Zury Rios noch von den Wahlen ausgeschlossen worden, weil die Verfassung eine Kandidatur von Verwandten von Diktatoren ausschließt. Für Klissenbauer ist dies ein weiterer Beleg dafür, dass Rechtsstaatlichkeit und eine Unabhängigkeit der Justiz in Guatemala nicht mehr existierten.

Chancen auf die Teilnahme an einem zweiten Wahlgang werden auch Sandra Torres zugeschrieben. Die ehemalige Frau des Ex-Präsidenten Colom trat bereits mehrfach an, landete stets auf Platz zwei. Der Dritte ist der Journalist, Anwalt und Diplomat Edmundo Mulet. Alle drei wurden bereits wegen Verbindungen zum organisierten Verbrechen beschuldigt, wie das Magazin „Lateinamerika-Nachrichten“ schreibt.

Adveniat-Referentin Klissenbauer berichtet, in Guatemala werde längst davon gesprochen, dass das Land von „einem Pakt der Korrupten“ regiert werde. Reiche, einflussreiche Gruppen kontrollierten mit ihren Netzwerken Parlament und staatlichen Institutionen. Folgen seien ein weiteres Anwachsen von Korruption, Gewalt, Straflosigkeit und eine Kriminalisierung der indigenen Bevölkerungsmehrheit, um sie von ihren Territorien zu vertreiben und sich mit der Ausbeutung der Bodenschätze dort zu bereichern.

KNA

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