Asylantrag in Deutschland. Bild: Mr.Stock/stock.adobe.com
Debatte über Umgang mit Menschen, deren Asylgesuch abgelehnt wurde

Regierung will mehr Abschiebungen – Verbände üben scharfe Kritik

Berlin ‐ Die Bundesregierung will künftig Menschen leichter und schneller Abschieben lassen, deren Antrag auf Asyl abgelehnt wurde. Doch Organisationen wie die Caritas kritisieren große Teile des geplanten Gesetzes.

Erstellt: 25.10.2023
Aktualisiert: 25.10.2023
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Die Bundesregierung will Menschen leichter und schneller Abschieben, die keinen Anspruch auf Asyl haben. Dazu hat das Kabinett am Mittwoch in Berlin ein entsprechendes Gesetzespaket auf den Weg gebracht. Es erweitert unter anderem Befugnisse von Polizei und Behörden und verschärft bisherige Regelungen. Teile der SPD, der Grünen und der Linken sowie Asylverbände und die Kirchen kritisieren das Paket. Der Bundestag muss darüber abstimmen.

Konkret sieht das Paket vor, die Höchstdauer des Ausreisegewahrsams – also der Abschiebehaft – von 10 auf 28 Tage zu verlängern. Damit sollen Behörden mehr Zeit zur Vorbereitung der Abschiebung erhalten. Weiter soll die Polizei Wohnungen durchsuchen können, um die Identität Betroffener zu klären. In Gemeinschaftsunterkünften soll die Polizei auch andere Räume durchsuchen können, wenn der Betroffene nicht im eigenen Bereich angetroffen wird. Auch ein härteres Vorgehen gegen Schleuser ist geplant.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) erklärte, Menschen ohne Bleiberecht sollten Deutschland schneller verlassen. Dies geschehe auch, damit „wir unserer humanitären Verantwortung auch weiter gerecht werden und Menschen, die vor Krieg und Terror flüchten, schützen“. Sie verwies dabei auch auf die 1,1 Millionen Menschen aus der Ukraine.

Zur Verhandlung von Rückführungsabkommen sei die Bundesregierung derzeit mit der Republik Moldau, Usbekistan, Kirgisistan, Kenia und Kolumbien im Gespräch. Faeser kündigte an, dass sie in der kommenden Woche mit dem Migrationsbeauftragten Joachim Stamp nach Marokko reise, um ebenfalls über ein solches Abkommen zu verhandeln.

Kirchen: „Extreme psychische Belastung“

Pro Asyl kritisierte das Paket scharf. Die Bundesregierung opfere mit dem Abschiebungsgesetz die Grundrechte der Betroffenen dem aktuellen rechtspopulistischen Diskurs. Verschärfte Abschieberegeln würden kaum dazu führen, dass nennenswert mehr Menschen abgeschoben werden, aber sie führten zu noch mehr Härte und Verletzungen der Grundrechte.

Auch der Deutsche Caritasverband bemängelte das Vorhaben und führte rechtsstaatliche Bedenken an. So sei es nicht ausreichend, etwa die Verlängerung der Abschiebehaft damit zu begründen, dass den Behörden mehr Zeit zur Vorbereitung der Abschiebung bleibe. Zudem verstoße es gegen das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung, wenn Polizisten die Möglichkeit erhielten, in Gemeinschaftsunterkünften auch die Räume von nicht betroffenen Menschen zu durchzusuchen.

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Ähnlich äußerten sich die beiden Kirchen in einer gemeinsamen Stellungnahme. Sie bezweifeln etwa die Verhältnismäßigkeit von Wohnungsdurchsuchungen und plädieren mit Blick auf eine Ausweitung von nächtlichen Abschiebungen dafür, „mildere Mittel zu prüfen“. Abschiebungen zur Nachtzeit seien immer eine große Belastung für alle Betroffenen, so das Katholische und Evangelische Büro in Berlin. Es müsse in jedem Fall eine Sondervorschrift für Familien mit Kindern geben. Mit Blick auf die Abschiebehaft schreiben sie: „Haft bedeutet für die betroffenen Personen ohne Ausnahme eine extreme psychische Belastung. Je länger die Haft oder der Gewahrsam andauert, desto dramatischer sind die Folgen für diese Menschen. Das berichten unsere Seelsorger und Seelsorgerinnen in den Abschiebegefängnissen immer wieder.“

Die Kinderrechtsorganisation terre des hommes lehnt den kompletten Gesetzentwurf ab. Die Verschärfungen bedeuteten für Kinder und Jugendliche vor allem ein Aufwachsen in einem permanenten Klima der Angst vor Abschiebung und Übergriffen durch die Behörden, so die Organisation.

Zum Stichtag 30. September waren nach Angaben des Bundesinnenministeriums 255.330 Personen ausreisepflichtig. Davon hätten 205.196 Personen eine Duldung. Der Begriff ausreisepflichtig ist dabei missverständlich: In vielen Fällen besagt er nicht direkt, dass die betroffene Person wirklich ausreisen muss, vielmehr handelt es sich bei der Duldung oft auch um eine Art Ersatz-Ausweispapier, weil kein anderes gültiges Ausweispapier vorliegt. Dies kann auch passieren, wenn ein Reisepass oder eine Aufenthaltskarte abgelaufen ist.

weltkirche.de/KNA

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