Bundesregierung: 45 Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte im ersten Quartal '23
Berlin ‐ Sprengstoffexplosion, schwere Brandstiftung, Sachbeschädigung: Die Liste der Straftaten gegen Flüchtlingsunterkünfte ist lang – und erschreckend.
Aktualisiert: 22.06.2023
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Im ersten Quartal dieses Jahres hat es nach Angaben der Bundesregierung 45 politisch motivierte Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte und 408 Straftaten gegen Geflüchtete außerhalb von Unterkünften gegeben. Das geht aus einer am Donnerstag von der Linksfraktion veröffentlichten Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linken hervor. Die Zahlen hätten vorläufigen Charakter und könnten durch Nach- und Änderungsmeldungen noch erheblichen Veränderungen unterworfen sein, erklärte das Bundesinnenministerium in seiner Antwort weiter.
Von den bislang bekannten 45 Angriffen auf Unterkünfte von Geflüchteten im ersten Quartal rechnet die Bundesregierung 42 dem rechten Spektrum zu, die übrigen drei dem Bereich „ausländische Ideologie“ und „Sonstige“. Die Taten bewegten sich im Bereich von Sachbeschädigung und dem Verwenden verfassungswidriger Symbole bis zu Volksverhetzung, schwerer Brandstiftung und Sprengstoffexplosion. Im vierten Quartal des vergangenen Jahres waren es 48 Angriffe gegen Asylunterkünfte, davon 37 aus dem Bereich „rechts“.
Von den 408 angezeigten politisch motivierten Straftaten gegen Geflüchtete seien im ersten Quartal 350 im Bereich „rechts“ erfasst. Die meisten davon aus dem Bereich Volksverhetzung, Bedrohung und Beleidigung. Bei den Taten seien 37 Personen verletzt worden, darunter fünf Kinder. Bei den Angriffen gegen Asylunterkünfte seien keine Verletzten gemeldet worden. Drei weitere Straftaten hätten sich gegen ehrenamtliche Helfer gerichtet, dabei sei niemand verletzt worden. Zu 312 Delikten konnten im ersten Quartal 342 Tatverdächtige ermittelt werden, geht aus der Antwort der Regierung weiter hervor.
Die Sprecherin für Flucht- und Rechtspolitik der Linksfraktion, Clara Bünger, bezeichnete die Entwicklung als „höchst besorgniserregend, aber leider keine Überraschung“. Sie machte dafür auch „eine unerträgliche ‚Das Boot ist voll'-Rhetorik“ in der Asyldebatte verantwortlich. Diese bereite den „Boden für rassistische Mobilisierungen auf der Straße und Gewalttaten gegen Geflüchtete“, so die Linken-Politikerin.
Im ersten Quartal 2022 gab es nach Angaben der Bundesregierung insgesamt fünfzehn Angriffe auf Unterkünfte von Geflüchteten, im vierten Quartal 2022 waren es neun.
Flüchtlingsbischof warnt vor flüchtlingspolitischem Unterbietungswettbewerb
Erst vergangene Woche hatte sich Hamburgs Erzbischof Dr. Stefan Heße am Rande des siebten Katholischen Flüchtlingsgipfels in Berlin zur Aufnahme von Geflüchteten in Deutschland geäußert. Heße, der in der Deutschen Bischofskonferenz auch Sonderbeauftragter für Flüchtlingsfragen ist, sagte, zahlreiche Menschen seien gezwungen, vor Krieg, Unterdrückung oder den Folgen des Klimawandels zu flüchten. „Dank der großen Solidarität und Hilfsbereitschaft in unserem Land lässt sich die große humanitäre Aufgabe gut bewältigen“, so Heße. Gleichzeitig warnte er vor der „Versuchung, in einen flüchtlingspolitischen ‚Unterbietungswettbewerb‘ einzutreten“. Statt polarisierter Debatten seien pragmatische und menschenwürdige Antworten gefragt. Die kirchliche Geflüchtetenhilfe leiste hierzu einen wichtigen Beitrag.
weltkirche.de/KNA
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Flucht und Asyl
Links zu Flucht & Asyl
- Website der Deutschen Bischofskonferenz: Flüchtlingshilfe der katholischen Kirche
- Website der Caritas: Fachinformationen zu Migration und Flucht
- Website der vatikanischen Abteilung für Migranten und Flüchtlinge
- Website der Internationalen Katholischen Migrationskommission ICMC