Proteste gegen Präsidenten in Haiti
Haiti ‐ Juan Guaido macht Schule. Nach dem wochenlangen Tauziehen in Venezuela plant nun anscheinend auch die Opposition im Karibikstaat Haiti die Ausrufung eines Interimspräsidenten. Amtsinhaber Jovenel Moïse bleibt in der Deckung.
Aktualisiert: 15.11.2022
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Juan Guaido macht Schule. Nach dem wochenlangen Tauziehen in Venezuela plant nun anscheinend auch die Opposition im Karibikstaat Haiti die Ausrufung eines Interimspräsidenten. Amtsinhaber Jovenel Moïse bleibt in der Deckung.
Leere Straßen, geschlossene Geschäfte und Gewalt: In Haiti halten die Proteste gegen den umstrittenen Präsidenten Jovenel Moïse an. Lokalen Medienberichten zufolge ist das Leben in der Hauptstadt Port-au-Prince zu Wochenbeginn zum Erliegen gekommen. Der Nahverkehr habe bis auf wenige Ausnahmen seinen Dienst eingestellt, große Handelsketten ihre Läden aus Angst vor Plünderungen nicht geöffnet. Zugleich errichteten Demonstranten zahlreiche Blockaden, zündeten Autoreifen an.
Haiti wird seit einer Woche von schweren Unruhen erschüttert, die bereits mindestens sieben Todesopfer gefordert haben sollen. Begonnen hatten die Proteste am Donnerstag. Tausende Menschen fordern den Rücktritt von Präsident Jovenel Moïse, dessen Regierung sie Korruption vorwerfen.
Die Demonstranten fordern die Aufklärung eines Korruptionsskandals, bei dem es um den Verbleib von umgerechnet rund drei Milliarden Euro des von Venezuela unterstützten Erdölförderprogrammes Petrocaribe geht. Zahlreichen ehemaligen und amtierenden Ministern werden Unregelmäßigkeiten vorgeworfen; auch eine Firma von Präsident Moïse ist in den Skandal verwickelt.
Moïse hat zudem den wirtschaftlichen Notstand Haitis ausgerufen. Die Maßnahmen sehen unter anderem vor, die Preise von Produkten des täglichen Bedarfs zu senken, um die privaten Haushalte zu entlasten. Und überschattet wird die Wirtschaftskrise noch von einem innenpolitischen Streit über den Staatshaushalt.
Kommunikationsstaatssekretär Eddy Jackson Alexis verurteilte am Montag die Gewaltausbrüche und rief zu Ruhe auf. Zugleich kündigte er Maßnahmen an, um die Sicherheit zu gewährleisten. „Die Gewalt und die Einschüchterung auf der Straße kann so nicht weitergehen. Justiz und Polizei haben Anordnung, die Ordnung wiederherzustellen“, sagte Jackson Alexis. „Nur mit Dialog können wir die Probleme lösen.“ Die Regierung erkenne das Recht auf Proteste an; diese müssten aber friedlich bleiben.
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Präsident Moïse selbst ist seit Tagen nicht auf die Demonstrationen eingegangen, auch nicht auf die jüngsten Eskalationen. Die Opposition kündigte an, die Proteste gingen bis zu einem Rücktritt des Präsidenten weiter. „Wenn Jovenel Moïse nicht zurücktritt, werden wir in den nächsten Tagen einen Interimspräsidenten benennen“, sagte Oppositionspolitiker Moïse Jean Charles laut Bericht der Zeitung „El Caribe“ unter dem Jubel seiner Anhänger.
Wegen der anhaltenden Proteste in Haiti war auch das für diese Woche geplante Treffen der Bischöfe der Dominikanischen Republik mit ihren haitianischen Amtsbrüdern abgesagt worden. Eines der zentralen Themen des im Drei-Jahres-Rhythmus stattfindenden Austauschs sollte die Migrationspolitik sein.
Haiti ist das ärmste Land der westlichen Hemisphäre. Zudem wurde die Karibikinsel 2010 von einem verheerenden Erdbeben verwüstet, das mehr als 250.000 Menschen das Leben kostete. In den vergangenen Jahren wurden Teile des Landes zudem von mehreren Wirbelstürmen heimgesucht.