Perus Präsident Vizcarra des Amtes enthoben
Südamerika ‐ In Peru ist Staatspräsident Martin Vizcarra wegen „moralischer Unfähigkeit“ vom Kongress abgesetzt worden. Abgeordnete werfen Vizcarra Korruption vor, der weist die Vorwürfe zurück.
Aktualisiert: 15.11.2022
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In Peru ist Staatspräsident Martin Vizcarra wegen „moralischer Unfähigkeit“ vom Kongress abgesetzt worden. Wie peruanische Medien am Montag (Ortszeit) berichteten, stimmten 105 Abgeordnete für und 19 gegen den Antrag. Vier Parlamentarier enthielten sich der Stimme.
Nachfolger Vizcarras wird nun Parlamentspräsident Manuel Merino, der die Amtszeit zu Ende bringen soll. Sie endet am 28. Juli 2021, dem 200. Unabhängigkeitstag. Nach bisherigen Planungen sollen im kommenden Jahr Neuwahlen stattfinden. Vizcarra, der während seiner Amtszeit auf hohe Zustimmungsraten zählen konnte, erklärte in einer ersten Reaktion: „Ich gehe aus dem Regierungspalast wie ich vor zwei Jahren und acht Monaten hineingegangen bin: Mit erhobenem Kopf.“
Abgeordnete werfen Vizcarra Korruption vor, der weist die Vorwürfe zurück. Es gebe keine Beweise, die könne es auch nicht geben, denn er habe keine Bestechungsgelder erhalten. Es war bereits der zweite Misstrauensantrag gegen Vizcarra.
Die Vorwürfe stammen noch aus der Zeit vor seinem Präsidentenamt. Als Gouverneur von Moquegua soll Vizcarra im Jahr 2014 Bestechungsgelder von Unternehmern kassiert haben, damit diese öffentliche Aufträge erhielten.
In einigen Städten kam es zu Protesten gegen die Entscheidung. Vizcarras Anhänger halten ihm seinen Kampf gegen die Korruption im Land zugute. Ein Abgeordneter, der gegen Vizcarra gestimmt hatte, wurde während eines Interviews vor dem Parlament von einem Passanten geohrfeigt.
„Über 80 Prozent der Bevölkerung sind jünger als 54 Jahre. Damit hat die überwiegende Mehrheit der Peruanerinnen und Peruaner miterleben müssen, dass gegen die letzten sechs Präsidenten wegen Korruption ermittelt wurde“, sagte Jörg Dehnert von der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Lima.
Vizcarra selbst war nicht als Präsident gewählt worden, sondern als Vizepräsident von Pedro Pablo Kuczynski – der 2018 nach Korruptionsvorwürfen zurück treten musste. Zwischenzeitlich hatte der peruanische Kongress Vizcarra als Präsidenten ab- und die zweite Vizepräsidentin Aráoz eingesetzt. Diese lehnte die Ernennung allerdings ab und Vizcarra löste das Parlament auf. Das neu gewählte Parlament hat Vizcarra nun wirklich seines Amtes enthoben.
Zuletzt hatte im Jahr 2000 ein Kongresspräsident die Rolle als Staatsoberhaupt einnehmen müssen. Nach dem Rücktritt des zeitweise autokratisch regierenden Alberto Fujimori übernahm damals der Abgeordnete Valentín Paniagua die Amtsgeschäfte.
Limas Erzbischof fordert Rücknahme von Vizcarras Amtsenthebung
Der Erzbischof von Lima, Carlos Castillo, hat sich gegen die am Montag erfolgte Abberufung von Staatspräsident Martin Vizcarra durch das peruanische Parlament ausgesprochen. Der Kongress möge die beschlossene Maßnahme zurücknehmen, da sie einen „chaotischen“ Prozess in Richtung Neuwahlen und eventuell sogar deren Verzögerung bewirken könnte, warnte Castillo am Montagabend (Ortszeit) im Fernsehsender RPP Television. Verstand, Weisheit und der strategische Blick auf das ganze Land seien derzeit vonnöten, doch werde die Politik nur von „Wut, Eifersucht und Aggression“ dominiert.
In einigen peruanischen Städten kam es derweil zu Protesten gegen die Kongress-Entscheidung. Vizcarras Anhänger halten ihm seinen Kampf gegen die Korruption im Land zugute. Ein Abgeordneter, der gegen Vizcarra gestimmt hatte, wurde während eines Interviews vor dem Parlament von einem Passanten geohrfeigt.
© Text: KNA/DR/Weltkirche.de