„Ich tue alles, was ich kann, um zum Frieden beizutragen.“ Das beteuerte der serbische Präsident Slobodan Milosevic noch 1996 in einem „Spiegel“-Interview. Als „Totengräber Jugoslawiens“ ging der Politiker in die Geschichte ein. Einen ersten Spatenstich dazu hatte er am 28. Juni 1989 mit einer Rede auf dem Amselfeld im Kosovo gesetzt. Millionen seiner Landsleute waren zu dem mythischen Ort gepilgert, an dem 600 Jahre zuvor ein serbisch geführtes Heer gegen die Truppen des osmanischen Sultans Murad I. gekämpft hatte. Milosevic beschwor sein Publikum zu Einheit und Heldentum – und schloss in wolkigen Worten Waffengänge in der Zukunft nicht aus.
Die Saat ging auf, auch weil Milosevic mit seinen nationalistischen Ambitionen nicht allein war. Serben, Slowenen, Kroaten, Bosniaken, Albaner und Mazedonier – jeder wollte seine Ansprüche im zerfallenden Jugoslawien sichern. 1992 begann in Slowenien ein blutiger Reigen von Kriegen. Die Konflikte kulminierten vor 25 Jahren, im Juli 1995, in dem Massaker von Srebrenica.
Das ehemalige Kurbad im heutigen Bosnien-Herzegowina steht seither für das größte Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Europa nach Ende des Zweiten Weltkriegs. Immer noch suchen Menschen nach ihren Angehörigen. Immer noch graben Spezialisten Überreste von Opfern aus. Die jüngsten waren Kinder, als man sie erschoss, die ältesten hatten die 90 überschritten. Rund 8.100 Tote wurden bislang exhumiert und identifiziert. Die große Mehrheit von ihnen war männlich, bosnisch und muslimisch. Und musste sterben, weil die von Ratko Mladic geführten serbischen Truppen die bosnischen Muslime ein für alle mal aus den von ihnen beherrschten Territorien vertreiben wollten.
Warum die Situation eskalierte, hatte nach Einschätzung der Münchner Historikerin Marie-Janine Calic viele Gründe. Unter den bis zu 60.000 Menschen, die sich unter verheerenden hygienischen Bedingungen im umkämpften Srebrenica drängten, befanden sich nicht nur Zivilisten, sondern auch bosnische Soldaten. Obwohl die UN die Stadt zur Schutzzone erklärt hatten, nahmen die Bosniaken von dort aus serbische Stellungen unter Feuer. Das wiederum trug zur Radikalisierung der Serben unter Mladic und ihrem politischen Führer in Bosnien, Radovan Karadzic, bei. Rufe nach Vergeltung wurden laut.