Frage: Es hat einen Vorstoß gegeben, dass Frauen ein Stimmrecht bekommen sollen auf der Synode. Wie bewerten Sie das?
Reinart: Ich finde es großartig, dass einige Bischöfe diesen Antrag gestellt haben. Das Stimmrecht ist eine Sache, aber wir sollten nicht unterschätzen, dass Frauen bei der Synode großen Einfluss haben. Sowohl drinnen als auch draußen hört man ihnen zu. Das habe ich in unserem Workshop zum Leben in der Stadt gesehen, als zwei indigene Frauen von ihrer Situation berichteten. In den ersten Tagen haben die Synodalen sich erst einmal gegenseitig zugehört. Auch in den Gruppenarbeiten wird glaube ich viel geschehen. Nichtsdestotrotz hoffe und bete ich, dass den Frauen künftig das Stimmrecht gewährt wird.
Frage: Eine persönliche Frage: Sie selbst waren einmal Ordensfrau. Haben Sie das Gefühl, in Ihrer heutigen Funktion bei Misereor mehr bewirken zu können?
Reinart: Das sehe ich eher als Kontinuität. Ich habe 12 Jahre in Brasilien gelebt, davor fünf Jahre in Ostafrika. Insgesamt war ich 20 Jahre Mitglied einer Ordensgemeinschaft. Ich denke, meine 12 Jahre in Brasilien sind eine ideale Basis, um mich jetzt so einzubringen, wie ich das hier bei der Synode auch kann. Dank Misereor darf ich noch tiefer eintauchen in die Themen. Mein Horizont wurde noch einmal enorm erweitert und das ist einfach fantastisch.
Frage: Welche Aufgaben für die Frau in der Kirche wünschen Sie sich?
Reinart: In dieser Woche habe ich erlebt, dass man sich auf Augenhöhe begegnen kann – mit Führungskräften, Kardinälen und Bischöfen. Ich wünsche mir, dass wir nicht nur ernstgenommen werden, sondern auch an einem Tisch sitzen können. Dieser Klerikalismus muss aufhören – das wollen ja auch viele Männer in der Kirche. Als Missiologin denke ich, dass das längst überfällig ist.
Frage: Wie stehen Sie zu konkreten Forderungen von Frauengruppen bezüglich Diakonat etc.?
Reinart: Das ist mir nicht genug. Das muss weit darüber hinausgehen. Das Kartenhaus muss fallen. Es geschieht ja auch längst. Es gibt verheiratetes Priestertum, den klaren Wunsch für den optionalen Zölibat und die Weihe der Frau. Das muss einfach kommen. Das haben in den vergangenen Tagen auch ganz klar manche Bischöfe so angesprochen. Manche Gemeinden in Amazonien sagen bereits heute: „Der Gottesdienst der Schwester ist doch viel schöner.“ Die Gemeinden nehmen das anders wahr. Wir leben an der Basis schon längst, was noch nicht den offiziellen Stempel hat, aber es muss kommen. Ich denke, die Amazonas-Synode ist hierfür ein Kairos-Moment, ein Moment der Entscheidung.
Das Interview führte Claudia Zeisel.
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