Frage: Was ist Ihnen ganz besonders in Erinnerung an diese Reise geblieben?
Ackermann: Vor allem prägen sich mir Begegnungen ein, Gesichter von Menschen und Atmosphären – viel mehr noch als Bilder von Städten; das gehört auch dazu, aber am Ende des Tages, wenn ich das Erlebte nochmal Revue passieren lasse – auch im Gebet – dann sind es vor allem die Menschen. In diesen Tagen hier in Bolivien haben wir immer wieder gemerkt, mit welcher Freude aus dem Glauben heraus, mit welcher Hoffnung, mit welcher Lebenskraft diejenigen, denen wir begegnet sind, unterwegs sind. Es ist eine unheimliche Erfahrung von Gemeinschaft von Menschen, die ich nicht alltäglich treffe und wo es trotzdem – und das hängt eben mit der Gemeinschaft von Kirche zusammen – eine ganz besondere Nähe gibt.
Frage: Beim Treffen mit den Bischöfen und dem Ständigen Rat der Bolivianischen Bischofskonferenz (BBK) ging es auch um die Fortführung der Partnerschaft: Wie will man diese fortführen?
Ackermann: Man muss immer wieder daran arbeiten, wie die Partnerschaft weiterentwickelt wird. Weiterentwicklung heißt für uns auch Vertiefung. Wir überlegen auch, was uns verbindet: Beispielsweise durch die Tatsache, dass die Bolivianische Kirche in diesem Jahr den amerikanischen Missionskongress ausrichtet. Auf diesem Kongress geht es auch darum, eine offene Kirche zu sein und nicht in sich geschlossen zu bleiben. Mir hat der Vorsitzende der BBK gesagt, dass auch in Bolivien die Gefahr besteht, dass Pfarreien zu geschlossenen Pfarreien werden, die sich zwar untereinander kennen, die sich miteinander wohlfühlen; missionarische Kirche heißt aber, offen zu sein, Menschen das Evangelium anzubieten und zu fragen: Was braucht ihr?, sich wirklich auch gesandt zu wissen von Christus. Unsere Synode in Trier geht mit ihren Beschlüssen in eine ganz ähnliche Richtung, wenn wir sagen, wir wollen eine offene Kirche sein, eine Kirche, die dienend ist, die sich immer wieder neu fragt: Wozu sind wir Kirche?, und die sich damit auch als das versteht, was das Konzil gesagt hat: Kirche als Zeichen und Werkzeug und nicht als eine Gruppe, als ein Club, der vor allem mit sich selbst beschäftigt ist und versucht, die eigenen Dinge zu stützen und zu schützen.
Frage: Vier Politiker waren Teil der Delegation. Wie kam es dazu?
Ackermann: Ich finde gut, dass unsere Delegation nicht eine rein kirchliche war, sondern dass auch der Bereich der Politik vertreten war. Ich bin sehr dankbar, dass der Staatssekretär im Umweltministerium, Dr. Thomas Griese, dabei war und die drei Abgeordneten, besonders aus dem Bereich Umwelt, Ernährung, Landwirtschaft, aber auch Europa- und Eine-Welt-Fragen. Die Einladung an die Politiker hängt damit zusammen, dass wir in der Partnerschaftsvereinbarung, die wir 2010 getroffen haben, gerade auch die Verantwortung für die Eine Welt und die Schöpfung festgeschrieben haben und sich sowohl die Diözesen in Bolivien wie auch wir uns in diesem Bereich engagieren. Das tun wir ja nicht für uns selbst, sondern da geht es ums Gemeinwohl, da geht es um einen Beitrag auch für die Gesellschaft, der da geleistet wird. Insofern finde ich es gut, wenn Politiker das wahrnehmen und auch aus ihrer Perspektive Fragen stellen können, oder Anregungen empfangen – auch für ihre alltägliche Arbeit. Das bettet sich natürlich auch in die Enzyklika von Papst Franciscus „Laudato si“ ein. Bei einem Besuch bei den Vereinten Nationen in New York, den ich gemacht habe in der Zeit, als die Enzyklika veröffentlicht wurde, habe ich gespürt, dass die Enzyklika über die Grenzen von Religionen und Weltanschauungen hinaus unglaublich gut auch im Bereich der internationalen Politik aufgenommen worden ist. Ich meine, mit diesem Pfand muss man wuchern, weil es wirklich um die Verantwortung um die Gaben Gottes geht.
Das Interview führten Dominik Holl und Philipp Spinner
© Bistum Trier