
Prozessauftakt gegen Brasiliens Ex-Präsident Bolsonaro
Rio de Janeiro ‐ Erstmals steht ein brasilianischer Ex-Präsident wegen des Vorwurfs vor Gericht, einen Putsch geplant zu haben. Das Medieninteresse ist gewaltig. Auch US-Präsident Donald Trump mischt sich in den Fall ein.
Aktualisiert: 03.09.2025
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Brasiliens Medien überschlagen sich regelrecht. Ein Jahrhundertprozess, gar einer wie ihn das Land noch nie gesehen hat - so beschreiben sie den an diesem Dienstag beginnenden Prozess gegen Ex-Präsident Jair Messias Bolsonaro (2019-2022). Ihm wird unter anderem vorgeworfen, einen Putsch gegen seinen gewählten Nachfolger Luiz Inácio Lula da Silva geplant zu haben. Bis zum 12. September sind erst einmal fünf Verhandlungstage angesetzt. Bolsonaro drohen bis zu 43 Jahre Haft. Ob die fünf Richter der ersten Kammer des Obersten Gerichts bis zu diesem Datum ein Urteil gesprochen haben, ist offen.
Der frühere Staatschef soll einer Gruppe von Verschwörern vorgestanden haben, die Lula um die Jahreswende 2022/2023 beseitigen wollten. Die Anklage liest sich wie ein Krimi: Teil des Plots soll gar ein Giftmord an Lula, dessen Vize und einem der obersten Richter gewesen sein. Da Teile des Militärs nicht mitgemacht hätten, seien die Pläne gescheitert.
Dazu kommen noch weitere Anklagepunkte: Bestrebungen zur gewaltsamen Abschaffung des demokratischen Rechtsstaats, die Bildung einer kriminellen Vereinigung, Beschädigung von denkmalgeschütztem Erbe und gewaltsam herbeigeführter Schaden an öffentlichem Eigentum. Dabei geht es um die Zerstörungen, die Bolsonaro-Anhänger am 8. Januar 2023 in der Hauptstadt Brasília anrichteten.
Auch diese Akte von Vandalismus sollen von Bolsonaro und seiner Gruppe - darunter Ex-Minister und hohe Militärs - geplant worden sein. Sie alle weisen die Vorwürfe zurück und beteuern ihre Unschuld. Allerdings gehen etliche Experten von einer Verurteilung aus. Doch es gibt reichlich Störfeuer aus verschiedenen Richtungen.
So wollen Bolsonaro nahestehende Abgeordnete eine Amnestie für die Angeklagten im Kongress durchzusetzen. Die Chancen darauf sind jedoch gesunken, nachdem die US-Regierung von Donald Trump Sanktionen gegen die zuständigen Richter und hohe Zölle gegen brasilianische Exporte ausgesprochen hat. Statt Brasiliens Justiz zur Einstellung der Verfahren zu bewegen, hat dies eine Welle nationalistischer Trotzgefühle in Brasilien ausgelöst, die dem Bolsonaro-Lager schadet.
Die Sanktionen und Zölle hatte die Trump-Regierung auf Betreiben von Bolsonaro-Sohn Eduardo auf den Weg gebracht, der seit Monaten in Washington für Druck auf Brasilien wirbt. So sind nun vier der fünf Obersten Richter des Bolsonaro-Prozesses von Sanktionen betroffen, auch Richter Alexandre de Moraes, der das Verfahren führt. Gegen ihn verhängte Trump Sanktionen auf Grundlage des sogenannten Magnitsky Acts, darunter das Einfrieren seiner Vermögenswerte in den USA.
Nur gegen Richter Luiz Fox wurde der US-Präsident bisher nicht aktiv. Er gilt als jener der fünf, der am ehesten auf der Seite Bolsonaros steht. So könnte Fox wegen Bolsonaros angeschlagener Gesundheit eine Unterbrechung des Prozesses erwirken, mutmaßen Beobachter. Auch könnte er im Falle einer Verurteilung für die Aussetzung des Haftantritts plädieren - mit Verweis auf das Alter des Ex-Regierungschefs von 70 Jahren.
Experten rechnen zudem mit der Möglichkeit, dass Trump während des Prozesses oder im Fall einer Verurteilung seines Verbündeten Bolsonaro weitere Sanktionen verhängt. Schon jetzt drohen einzelnen brasilianischen Wirtschaftszweigen durch die hohen Strafzölle von 50 Prozent schwere Einbußen im US-Geschäft, besonders in der Agrarwirtschaft. Bisher hat Brasilien nur halbherzig auf die Zölle reagiert. Präsident Lula scheint eine weitere Eskalation in den bilateralen Beziehungen vermeiden zu wollen.
Die öffentliche Meinung zum Bolsonaro-Prozess ist in Brasilien gespalten. Über die vergangenen Monate hat sich meist eine knappe Mehrheit für juristische Konsequenzen für Bolsonaro ausgesprochen. Allerdings sehen auch viele Brasilianer die Arbeit der Justiz kritisch, die nicht unvoreingenommen wirkt. Besonders Richter Moraes, der bereits seit Jahren gegen Bolsonaro ermittelt und nun über ihn richtet, wird kritisch gesehen. Da er in dem mutmaßlichen Putsch-Plot ebenfalls beseitigt werden sollte, dürfe er nicht über Bolsonaro richten, meinen viele.

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