
Meldestelle registriert zunehmende Gewalt gegen Sinti und Roma in Deutschland
Berlin ‐ Hass und Gewalt gegen Sinti und Roma sind in Deutschland erneut gestiegen. Dabei finden die Fälle auch im öffentlichen Raum statt.
Aktualisiert: 04.07.2025
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In Deutschland sind im vergangenen Jahr die gemeldeten Fälle verbaler und körperlicher Gewalt gegen Sinti und Roma erneut stark gestiegen. Die Melde- und Informationsstelle Antiziganismus (MIA) dokumentierte in ihrem dritten Jahresbericht 1.678 Vorfälle, wie sie am Montag in Berlin mitteilte. 2023 waren es nur 1.233 registrierte Vorfälle. Laut MIA kam es im vergangenen Jahr unter anderem zu 10 Fällen von extremer Gewalt, 37 Sachbeschädigungen, 50 Bedrohungen und 57 Angriffen. In den restlichen Fällen ging es um Diskriminierung und direkte verbale Herabwürdigungen.
MIA-Geschäftsführer Guillermo Ruiz geht von einer hohen Dunkelziffer aus: „Das ist nur ein Bruchteil der tatsächlichen Vorfälle.“ Die Betroffenen erlebten eine zunehmend feindseligere Stimmung: „Antiziganismus ist in Deutschland Alltag.“ Das zeigten auch Vorfälle im öffentlichen Raum, wie etwa in politischen Reden. „Viele der antiziganistischen Vorfälle in der Politik gehen von der AfD aus“, sagte Ruiz.
Doch auch andere Vorfallorte verdeutlichten, dass Anfeindungen gegen Sinti und Roma im Alltag angekommen seien. Die meisten Vorfälle haben demnach im Kontakt mit Behörden (369) stattgefunden. Dabei sei bei mehr als jedem vierten dieser Fälle die Polizei beteiligt gewesen, sagte Anna Jocham von MIA. Die Betroffenen „werden beleidigt oder die Polizei verweigert die Aufnahme einer Anzeige“.
Im Bildungsbereich, wie etwa an Schulen, haben laut dem Bericht die zweitmeisten Fälle stattgefunden (313). Diese Fälle zeigten die Kontinuität von Antiziganismus auf, so Jocham: „Oft halten Diskriminierung und Gewalt gegenüber einer Person über einen langen Zeitraum an - das ist aber nur als ein einzelner Fall in der Statistik sichtbar.“ An Antiziganismus an Schulen seien auch Lehrkräfte beteiligt.
Die Informationsstelle Antiziganismus besitzt in sechs Bundesländern eine regionalen Sitz. Ruiz fordert auch in den zehn übrigen Ländern eine Meldestelle: „Doch die Länder müssen sich an der Finanzierung beteiligen.“ Oft fehle der politische Wille. Als Vorbild nannte er Schleswig-Holstein, wo vergangenes Jahr eine Meldestelle eröffnet wurde.
KNA

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