Renovabis-Hauptgeschäftsführer Pfarrer Thomas Schwartz
Renovabis-Chef: Immer noch Vorurteile gegen Volksgruppe

„Antiziganismus erschwert Verbesserung der Situation der Roma“

Freising  ‐ In Auschwitz wird bald an 4.300 Roma erinnert, die dort in einer Nacht vor 80 Jahren ermordet wurden. Der Chef des katholischen Hilfswerks Renovabis mahnt: Vorurteile gegen die Volksgruppe halten sich bis heute.

Erstellt: 30.07.2024
Aktualisiert: 30.08.2024
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Der Chef der katholischen Osteuropa-Solidaritätsaktion Renovabis, Thomas Schwartz, hält Vorurteile gegenüber Sinti und Roma noch nicht für überwunden. „Wir dürfen nicht wegschauen, wenn in Europa Menschen in sozialer Not und in Ghettos leben müssen“, erklärte Schwartz am Dienstag in Freising bei München. „Die Ermordung von Hunderttausenden Sinti und Roma in Auschwitz verpflichtet uns, auch heute entschieden gegen Antiziganismus einzutreten.“ Eine Verbesserung der Lage der Roma sei nur durch die Politik möglich. Erforderlich sei die Erkenntnis, dass die Roma-Minderheiten gleichberechtigte Bürgerinnen und Bürger des eigenen Landes seien.

Viele der von Renovabis geförderten Projekte unterstützten junge Menschen etwa beim Übergang in den Beruf, betonte der Hauptgeschäftsführer. Außerdem seien das Lernen über die Kultur der Roma sowie der Abbau gegenseitiger Vorurteile wichtige Ziele. Projekte müssten gemeinsam mit der Roma-Minderheit durchgeführt werden. Renovabis selbst hat in der Vergangenheit insbesondere in Rumänien, der Slowakei, Ungarn, Bulgarien und Tschechien Hilfsprojekte zugunsten von Angehörigen der Roma-Minderheit unterstützt.

Schwartz sieht die Roma als „Hauptverlierer der osteuropäischen Transformationsprozesse nach dem Ende des Kommunismus.“ Ihre Situation habe sich nach 1990 für viele verschlechtert. „Was sagt das über die Gesellschaften aus, dass sie nicht genug gegen die Ausgrenzung der Roma-Minderheit und gegen die menschenunwürdigen Lebensbedingungen tun“, fragt Schwartz und empfiehlt diesbezüglich eine Perspektivwechsel.

Renovabis begrüßt in diesem Zusammenhang auch die Initiative der Deutschen Bischofskonferenz und des Zentralrates Deutscher Sinti und Roma zur historischen Aufarbeitung der Rolle der katholischen Kirche in der NS-Zeit. Ein wesentlicher weiterer Schritt müsste, so Schwartz, auch die ehrliche Auseinandersetzung mit dem Antiziganismus in den Kirchen in der Nachkriegszeit sein.

Auf Einladung des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma nimmt der Chef des Osteuropa-Hilfswerks am 2. August an einer Gedenkfeier in der KZ-Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau teil. In der Nacht vom 2. August 1944 waren dort 4.300 Sinti und Roma umgebracht worden.

weltkirche.de/KNA/Renovabis

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