Papst Johannes Paul II. ist am Abend des 2. April 2005 im Vatikan gestorben. Die Beisetzungsfeierlichkeiten fanden am 8. April 2005 auf dem Petersplatz in Rom statt.
Bringt der verstorbene Papst verfeindete Staatsführer zusammen?

Franziskus' Tod und der Weltfrieden

Bonn  ‐ Frieden war für Franziskus ein wichtiges Thema – und Papstbeerdigungen sind mehr als religiöse Zeremonien. Sie schaffen seltene Begegnungen – auch zwischen Anführern zerstrittener Staaten.

Erstellt: 24.04.2025
Aktualisiert: 24.04.2025
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Von Benedikt Heider (KNA)

„Die Beerdigung eines Papstes ist kein gewöhnliches Ereignis“, sagt der Historiker René Schlott. Sie sei ein religiöser und zugleich hochpolitischer Moment, inszeniert auf einer der größten Bühnen der Welt.

Schlott hat zu Papstbeerdigungen geforscht und ihre mediale und politische Bedeutung analysiert. Auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) erläutert er: „Erst seit der Beisetzung von Pius XII. im Jahr 1958 gehören offizielle Staatsdelegationen zum festen Bestandteil der Zeremonien – zuvor erschienen lediglich einzelne Staatsgäste.“ Ihren politischen Höhepunkt hätten Papstbestattungen mit der Trauerfeier für Johannes Paul II. 2005 erreicht. Damals seien mehr als 157 staatliche Delegationen angereist, so der Experte.

Auch der Abschied von Papst Franziskus am Samstag könnte ein solches Weltereignis werden. Schon vor Festlegung des Termins kündigte US-Präsident Donald Trump seine Teilnahme an. Es wird die erste Auslandsreise seiner zweiten Präsidentschaft, in einer Phase spürbarer transatlantischer Spannungen.

Ein Streitpunkt ist Trumps Haltung zum Ukraine-Krieg - passend dazu hat auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sein Kommen angekündigt. Ihre letzte Begegnung in Washington endete im Eklat. Nun könnten sich Trump und Selenskyj – zumindest symbolisch – auf dem Petersplatz annähern. Auch Begegnungen jenseits des offiziellen Protokolls seien möglich – und hätten in der Vergangenheit zur Entspannung diplomatischer Konflikte beigetragen, so Schlott.

Papstbeisetzungen bieten, so der Historiker, „einen scheinbar politik- und konfliktfreien Raum“. Auf den ersten Blick überlagere das religiöse Ritual das Politische. Und doch werde das Politische erfahrbar: „Wer reicht wem die Hand, wer spricht mit wem?“ Staatsoberhäupter sitzen alphabetisch sortiert auf dem Petersplatz – das führt zu überraschenden Sitznachbarschaften. So reichte etwa Prinz Charles als Vertreter Großbritanniens beim Friedensgruß während des Gottesdienstes 2005 dem international geächteten Präsidenten Simbabwes, Robert Mugabe, die Hand – eine Geste, die weltweit für Schlagzeilen sorgte. Auch das Zusammentreffen israelischer, syrischer und iranischer Staatschefs war damals nur durch diesen Rahmen denkbar – und sorgte ebenfalls für Aufsehen.

Die China-Taiwan-Frage

Und in diesem Jahr? Während Franziskus häufig für seine Zurückhaltung in weltpolitischen Fragen kritisiert wurde, bietet seine Bestattung eine Vielzahl diplomatischer Optionen. Die russische Kulturministerin Olga Ljubimowa wird als Gesandte des Kremls erwartet. Wladimir Putin bleibt – nicht zuletzt aufgrund internationaler Sanktionen – fern. Bereits 2005 kam der russische Präsident nicht zur Beisetzung des polnischen Papstes. „Die vatikanische Bühne kann auch für demonstrative Distanzierungen genutzt werden“, kommentiert Schlott das russische Verhalten.

Damit sei Russland nicht allein. China habe 2005 ebenfalls niemanden nach Rom geschickt, so der Wissenschaftler. Das könnte sich nun wiederholen. Das Verhältnis zwischen Vatikan und China ist angespannt – insbesondere wegen der diplomatischen Anerkennung Taiwans durch den Heiligen Stuhl. „Wenn Taiwan teilnimmt, bleibt China fern“, sagt Schlott. Er ergänzt: „Ich bin gespannt, ob bei chinesischer Teilnahme nicht auch katholische Kirchenvertreter ihre Anwesenheit verweigern würden.“ Denn mit dem Annäherungskurs des verstorbenen Papstes an das kommunistische China sind innerhalb der Kirche längst nicht alle einverstanden.

Dann wäre da noch der Nahe Osten: Franziskus bemühte sich zeitlebens um den Dialog mit muslimischen Staaten, kritisierte den Gaza-Krieg und pflegte Kontakt zur christlichen Minderheit in Gaza. Nun gibt es Irritationen in Israel: Die dortige Regierung hatte nach dem Papsttod zunächst Beileidsbekundungen im Internet veröffentlicht, sie dann aber wieder gelöscht. Eine mögliche israelische Abwesenheit am Samstag wäre angesichts der heiklen Lage in Nahost ein starkes, negatives Signal nicht nur für den Vatikan. Eine israelische Präsenz könnte indes Raum für diplomatischen Dialog in einer kriegsgebeutelten Region schaffen.

Was Franziskus' Beerdigung bringt, werden die nächsten Tage zeigen. Schlott stellt klar: „Papstbeerdigungen sind keine klassischen Gipfeltreffen, doch ihr symbolisches und politisches Gewicht ist beträchtlich.“ Man dürfe das Potenzial solcher Treffen nicht unterschätzen. Sie zeigen eine paradoxe Kraft, die in Trauer vereint – und Türen öffnet, die sonst vielleicht verschlossen blieben.

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