Wie Trump die kirchliche Flüchtlingshilfe sabotiert
„Schmerzliches Ende einer jahrzehntelangen Zusammenarbeit“

Wie Trump die kirchliche Flüchtlingshilfe sabotiert

Washington  ‐ Donald Trump erzwingt mit einem Kahlschlag bei den Ansiedlungshilfen für Asylbewerber das Ende der größten Flüchtlingshilfsorganisation der Welt: Die katholische Kirche muss ihr Programm einstellen.

Erstellt: 11.04.2025
Aktualisiert: 09.04.2025
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Von Thomas Spang (KNA)

Appelle, Klagen, Proteste – am Ende half alles nichts. Weil die US-Regierung dem Flüchtlingshilfswerk der katholischen Kirche Millionen Dollar für bereits geleistete Dienste bei der Ansiedlung von Asylbewerbern schuldet, fehlt das Geld. Die Kirche sah sich deshalb diese Woche gezwungen, ihre Zusammenarbeit mit Washington auf diesem Feld offiziell einzustellen. „Dies ist das schmerzliche Ende einer lebenserhaltenden Partnerschaft, die die katholische Kirche in den USA mit unserer Regierung hatte und die sich über Jahrzehnte und Administrationen beider politischer Parteien erstreckte“, erklärte diese Woche der Vorsitzende der US-Bischofskonferenz, Erzbischof Timothy Broglio.

Der Schritt markiert einen historischen Einschnitt. Die katholische Kirche betrieb mit ihrem „Migration and Refugee Services“-Programm die größte Flüchtlingshilfsorganisation der Welt. Sie war die bedeutendste unter den zehn nationalen Umsiedlungsorganisationen, deren finanzielle Unterstützung Präsident Donald Trump im Januar aufkündigte. Diese Organisationen - die meisten mit religiösem Hintergrund – haben seit einem halben Jahrhundert mit der US-Regierung zusammengearbeitet, um legalen Migranten bei der Ansiedlung zu helfen. Auf dem Weg zu einer maximal restriktiven Migrationspolitik stellte die katholische Kirche dabei eine mächtige Gegenstimme dar.

Jedes Jahr unterstützte die Kirche zehntausende Flüchtlinge im Auftrag der Regierung. Die Wurzeln des kirchlichen Engagements reichen weit zurück. Der Vorläufer der heutigen Bischofskonferenz richtete bereits Anfang der 1920er Jahre ein Einwanderungsbüro ein, um vertriebenen Familien zu helfen, neue Möglichkeiten in den Vereinigten Staaten zu finden. Dazu arbeitete das Büro mit der Bundesregierung zusammen. Seit ihrer Gründung 1966 kooperierte die Bischofskonferenz mit allen Administrationen, ob demokratisch oder republikanisch geführt.

Die finanziellen Einschnitte der neuen Regierung haben dramatische Auswirkungen auf die kirchlichen Strukturen. Mindestens ein Dutzend lokaler Einrichtungen der Wohlfahrtsorganisation Catholic Charities im ganzen Land mussten hunderte Mitarbeiter entlassen. Obwohl ein Bundesrichter Ende Februar die Aussetzung der Flüchtlingsansiedlungsprogramme blockierte, wartet allein die Bischofskonferenz auf 24 Millionen Dollar für bereits geleistete Arbeit. In der Folge musste die Kirche weitere Büros schließen, Dienstleistungen reduzieren oder einstellen.

Die Bischofskonferenz verklagte die Trump-Regierung im Januar auf Nachzahlung. Doch Mitte März entschied US-Bundesrichter Trevor McFadden, sein Gericht sei nicht zuständig für einen „Vertragsstreit“. Die Bischofskonferenz legte Berufung gegen die Entscheidung ein, doch die Aussichten auf eine baldige Lösung sind düster.

Angriffe vom Vizepräsidenten

Neben den finanziellen und rechtlichen Hürden sieht sich die katholische Kirche auch politischen Angriffen ausgesetzt. Vizepräsident J.D. Vance attackierte in seinem ersten Fernsehinterview nach Amtsantritt im Januar die Kirche und ihre Arbeit, Einwanderern und Flüchtlingen zu helfen. Er unterstellte der Kirche, sie sei vor allem am Geld interessiert. Zudem behauptete er ohne Belege, sie arbeite mit Millionen „illegaler Einwanderer“ zusammen.

Erzbischof Broglio wies diese Unterstellungen entschieden zurück: „Unsere Bemühungen waren Akte der seelsorgerischen Fürsorge und Nächstenliebe, großzügig unterstützt durch das Volk Gottes, wenn die von der Regierung erhaltenen Mittel die vollen Kosten nicht deckten.“

Trotz des erzwungenen Rückzugs aus der institutionalisierten Flüchtlingshilfe möchte die Kirche ihr Engagement nicht völlig aufgeben. „Der Aufruf des Evangeliums, für die Geringsten unter uns zu tun, was wir können, bleibt unsere Richtschnur“, versprach Broglio. Die „drastische Reduzierung dieser Programme“ habe die Kirche gezwungen, nun „über die beste Art nachzudenken, wie wir den Bedürfnissen unserer Brüder und Schwestern dienen können, die einen sicheren Hafen vor Gewalt und Verfolgung suchen“.

Die Situation stellt eine bittere Ironie dar: Eine Mehrheit der US-amerikanischen Katholiken hatte bei der Wahl für Donald Trump gestimmt – den Präsidenten, der nun das historische Flüchtlingshilfswerk ihrer Kirche in die Knie gezwungen hat.

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