Viele drängende Themen bleiben ausgespart

Armenien und Aserbaidschan – Friedensvertrag mit Fragezeichen

Jerewan  ‐ Westliche Länder loben das geplante Abkommen zwischen den jahrzehntelangen Erzfeinden Armenien und Aserbaidschan. Aber es gibt noch einige Hürden.

Erstellt: 15.03.2025
Aktualisiert: 14.03.2025
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Von Daniel Pelz (KNA)

Das Lob aus dem Ausland war deutlich. Die Einigung zwischen Armenien und Aserbaidschan stimme hoffnungsvoll, schrieb die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) auf X. Ihr estnischer Kollege sprach von einem „historischen Abkommen“.

In Armenien fallen die Reaktionen dagegen verhalten aus. „Frieden oder Illusion?“ fragt das lokale Nachrichtenportal Civilnet, während der Politikwissenschaftler Narek Sukiasyan auf X von einem nur „lauwarmen Abkommen“ sprach. Frieden sei im Interesse Armeniens, betonte Außenminister Ararat Mirzoyan; doch vor beiden Regierungen liege noch viel Arbeit: „Aus der Geschichte wissen wir, dass kein Friedensvertrag die Antworten auf alle möglichen Fragen auf einmal geben oder zwei Länder oder zwei Völker sofort miteinander versöhnen kann“, zitiert ihn die staatliche Nachrichtenagentur Armenpress.

Öffentlich bekannt ist der offizielle Inhalt des Abkommens bislang nicht. Nach aserbaidschanischen Angaben akzeptierte Armenien in den letzten zwei strittigen Punkten die Forderungen Aserbaidschans, so dass die Einigung möglich wurde. Trotz Rückschlägen und hohen innenpolitischen Drucks hatte Ministerpräsident Nikol Paschinjan an den Verhandlungen festgehalten. „Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass dieser Kompromisstext, der das Ergebnis von vier Jahren Verhandlungen ist, für Armenien akzeptabel sein kann“, sagte er nach Bekanntgabe der Einigung vor Journalisten.

Zu den Zugeständnissen der armenischen Seite soll laut Medienberichten unter anderem der Abzug ausländischer Einheiten von der gemeinsamen Grenze gehören. Das dürfte vor allem die EU-Mission EUMA betreffen, die seit 2023 von Armenien aus die Grenze zu Aserbaidschan beobachtet. Experten sehen in ihrer Präsenz einen Grund, warum die Zahl bewaffneter Konflikte an der Grenze abgenommen hat. Aserbaidschan fordert dagegen schon lange den Abzug der Mission.

Viele strittige Fragen offen

Andere strittige Fragen scheinen dagegen noch offen zu sein. Dazu gehört eine Forderung Aserbaidschans, dass Armenien seine Verfassung ändern müsse. Aus Sicht der Regierung in Baku erhebt sie Ansprüche auf aserbaidschanische Gebiete. Auch nach der Einigung hält Aserbaidschans Regierung an der Forderung fest. „Das ist eine nötige Vorbedingung für die Unterzeichnung des Friedensabkommens“, sagte Außenminister Jeyhun Bayramov in der Hauptstadt Baku.

Armeniens Regierung betont, dass die Verfassung keine Ansprüche auf aserbaidschanisches Territorium erhebe. Sie hat eine Änderung auf Druck Aserbaidschans ausgeschlossen. Trotzdem ist eine Volksabstimmung über eine neue Verfassung geplant.

Laut armenischen Medien enthält das geplante Abkommen auch keine Regelungen über eine Transitstrecke, auf der Güter ohne Kontrollen zwischen Aserbaidschan und der Enklave Nachitschewan transportiert werden könnten. „Alle Eisenbahnen, alle Straßen, alle Infrastrukturen der Republik Armenien werden unter der Kontrolle Armeniens bleiben und operieren“, sagte Außenminister Ararat Mirzoyan laut dem Portal news.am.

Damit bliebe eine langjährige aserbaidschanische Forderung unerfüllt. Angesichts dieser offenen Fragen bleiben viele armenische Beobachter skeptisch, ob und wann das Abkommen unterschrieben wird.

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