Maduro bleibt in Venezuela trotz Betrugs-Vorwürfen an der Macht
Caracas ‐ Ungeachtet internationaler Proteste und gravierender Zweifel an seinem Wahlsieg hat sich Venezuelas autokratischer Machthaber für weitere sechs Jahre vereidigen lassen. Die Opposition ruft die Armee zur Rebellion auf.
Aktualisiert: 14.01.2025
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Zwei weitere Diktatoren saßen laut lokalen Medienberichten auf der Ehrentribüne in Caracas: Nicaraguas Daniel Ortega und Kubas Miguel Diaz-Canel. Russland, China, Iran, Nordkorea und Brasilien entsandten ranghohe Vertreter zur erneuten Vereidigung des venezolanischen Machthabers Nicolas Maduro. Dazu kamen Diplomaten überwiegend aus Afrika und der Karibik. Das Bild von Ortega und Diaz-Canel, die wie Maduro nichts von freien, transparenten Wahlen halten, war symbolisch für die bizarre Zeremonie.
„Ich schwöre vor dem historischen, edlen und tapferen Volk von Venezuela und vor dieser Verfassung, dass ich alle ihre Aufträge ausführen werde. Ich eröffne die neue Periode des Friedens, des Wohlstands und der neuen Demokratie“, sagte Maduro mit allerhand Pathos in der Stimme. Der autokratisch regierende Staatschef, der sich selbst als „Sozialist“ bezeichnet, ließ sich am Freitag (Ortszeit) trotz mutmaßlicher Niederlage bei der Wahl Ende Juli für sechs weitere Jahre im Amt des Präsidenten vereidigen.
Seinem Gegenspieler, dem wahrscheinlichen Wahlsieger Edmundo Gonzalez, gelang es nicht, aus dem Exil ins Heimatland einzureisen und sich ebenfalls vereidigen zu lassen. Oppositionsführerin Maria Corina Machado sagte resigniert, derzeit gebe es nicht die richtigen Bedingungen dafür. Gonzalez rief die Armee stattdessen auf, gegen Maduro zu rebellieren. Die in Kürze scheidende US-Regierung von Präsident Joe Biden erhöhte unterdessen die Belohnung, die zur Ergreifung Maduros führen soll, auf 25 Millionen US-Dollar. Maduro wiederum hatte zuvor ein Kopfgeld von 100.000 US-Dollar auf Gonzalez ausgesetzt.
Der Oppositionskandidat war im Vorfeld der Vereidigung zu einer internationalen Reise aufgebrochen, um sich die Rückendeckung zahlreicher Regierungen in Nord- und Lateinamerika zu sichern. Doch an der Grenze Venezuelas endete die politische Mission, Maduro mobilisierte seine Armee und die gefürchteten paramilitärischen Colectivos. Innenminister Diosdado Cabello drohte zudem vielsagend, wer sich an Protesten beteilige, werde dies für den Rest seines Lebens bereuen. Die Opposition bestand derweil darauf, dass Maduro nach seiner Wahlniederlage nicht mehr legitimer Befehlshaber des Militärs sei. Die Soldaten müssten sich nicht mehr an seine Anweisungen halten.
Explosive Lage
„Venezuela ist das unkalkulierbare Pulverfass der gesamten Region“, kommentiert Thomas Wieland, Experte des kirchlichen Lateinamerika-Hilfswerks Adveniat, die Situation. Wie es in dem Krisenland in den nächsten Tagen und Wochen weitergehe, habe weitreichende Auswirkungen. „Es geht um die Stabilität der gesamten Region, es geht um alle großen Themen: Wirtschaft, Migration und Frieden“, so Wieland.
Auch venezolanische Partner des katholischen Hilfswerks Misereor gehen von einer weiteren Verschlechterung der Lage aus. Mit der Amtsvereidigung von Nicolás Maduro werde sich das Leid der Menschen in Venezuela in dramatischer Weise fortsetzen, so Misereor-Geschäftsführer Bernd Bornhorst. „Gemeinsam mit unseren venezolanischen Partnerorganisationen befürchten wir einen weiteren Exodus der Bevölkerung in die Nachbarländer und eine Verschlechterung der bereits jetzt schwierigen humanitären Situation für die Menschen innerhalb des ehemals prosperierenden Landes.“ Schon jetzt lebe, so Bornhorst, über die Hälfte der Bevölkerung in extremer Armut, für die die Politik des Maduro-Regimes und die daraus folgende Isolation des Landes verantwortlich sei. Zuletzt war wenige Tage vor Maduros Amtseinführung der Menschenrechtsverteidiger und Leiter der Misereor-Partnerorganisation „Espacio Público“, Carlos Correa, durch staatliche Akteure entführt worden.
Maduro ist es zwar unter großen militärischen Anstrengungen gelungen, seine Vereidigung durchzusetzen. Zugleich hat er seine internationale Isolation verstärkt. Selbst Chiles linksgerichteter Präsident Gabriel Boric nennt Venezuela inzwischen eine Diktatur und rief aus Protest gegen Wahlbetrug seinen Botschafter zurück.
Misereor fordert derweil die deutsche Bundesreigerung auf, sich für die bedingungslose Freilassung von Carlos Correa sowie von vielen weiteren politischen Gefangenen und Menschenrechtsaktivisten einzusetzen. Auch Papst Franziskus meldete sich vor der umstrittenen Vereidigung zu Wort und forderte die Einhaltung der Menschenrechte ein. „Ich denke auch an Venezuela und die schwere politische Krise, in der es sich befindet“, sagte der gebürtige Argentinier. Die Krise könne nur durch ein aufrichtiges Festhalten an den Werten der Wahrheit, der Gerechtigkeit, der Freiheit sowie durch Verhandlungen im Dienste des Gemeinwohls überwunden werden. Davon ist Venezuela seit Freitag allerdings weiter entfernt denn je.