Flagge von Venezuela
Machtkampf in Venezuela vor der Entscheidung?

Showdown in Caracas – Maduro oder Gonzalez

Caracas  ‐ Wie zwei Züge, die ungebremst aufeinander zufahren: Venezuelas Machthaber Nicolas Maduro und Oppositionskandidat Edmundo Gonzalez wollen sich am Freitag als Staatschef vereidigen lassen. Wer sich durchsetzt, ist offen.

Erstellt: 09.01.2025
Aktualisiert: 09.01.2025
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Von Tobias Käufer (KNA)

Kurz vor dem entscheidenden Freitag meldet sich die Opposition in Venezuela mit beunruhigenden Neuigkeiten zu Wort: Der Schwiegersohn des mutmaßlichen Wahlsiegers Edmundo Gonzalez sei festgenommen worden. Auch gegen die Mutter von Oppositionsführerin Maria Corina Machado gingen die Behörden vor. Die Anspannung im Land wächst. Denn sowohl der autokratisch regierende Machthaber Nicolas Maduro – trotz erheblicher Zweifel am offiziell verkündeten Wahlsieg – als auch Gonzalez wollen sich am Freitag als Präsident vereidigen lassen.

Die Opposition rief für Donnerstag zu einer Massenmobilisierung auf. Kurzfristig, damit die Regierung nicht – wie oft geschehen – Gegenmaßnahmen ergreifen kann. Die Venezolaner sollen in einem letzten Akt für ihr Recht auf einen friedlichen demokratischen Machtwechsel auf die Straßen gehen und ein Zeichen setzen.

Bei den Präsidentschaftswahlen Ende Juli hatten sie nach Erkenntnissen unabhängiger Beobachter und zahlreicher Menschenrechtsorganisationen mit großer Mehrheit für den Oppositionskandidaten Gonzalez gestimmt. Die Organisation Amerikanischer Staaten kritisierte in einer aktuellen Untersuchung eine „koordinierte repressive Strategie“ des Maduro-Apparats mit dem Ziel, „sich unrechtmäßig an der Macht zu halten“. Dabei seien „staatsterroristische Praktiken“ angewandt worden, um eine faire Beteiligung der Opposition am Wahlkampf zu verhindern.

Venezuela vor dramatischem Moment

Entscheidend wird nun sein, wie das Militär sich verhält: „Jeder von Ihnen steht vor der Frage, ob er ein Tyrann und Unterdrücker sein will – oder ein Held, der das Volk verteidigt. Das ist Ihre große Chance“, appellierte Oppositionsführerin Machado bei einer virtuellen Pressekonferenz. Sie hält sich seit Wochen im Untergrund auf, will aber in Kürze öffentlich auftreten. Maduro will Gonzalez derweil sofort verhaften lassen, sollte dieser aus dem spanischen Exil zurückkehren. Auf ihn ist ein Kopfgeld von 100.000 US-Dollar ausgesetzt.

Vor seiner geplanten Vereidigung in Venezuela, deren Ablauf bislang unklar ist, absolvierte Gonzalez eine politische Reise durch Amerika. Ihm gelang es dabei, namhafte Unterstützer zu gewinnen. Argentiniens libertärer Präsident Javier Milei präsentierte Gonzalez vor Tausenden jubelnden Exil-Venezolanern auf dem Balkon seines Amtssitzes. Nur wenig später saß Gonzalez im Weißen Haus neben US-Präsident Joe Biden, der ihn ausdrücklich als gewählten Präsidenten Venezuelas begrüßte.

Das Gonzalez-Lager nutzte die Besuche zudem, um anhand eigener Auswertungen die aus ihrer Sicht wahren Ergebnisse der jüngsten Wahl zu präsentieren. Trotz intensiver Bitten der Vermittlerstaaten Brasilien und Kolumbien veröffentlichte Maduro die offiziellen Wahlakten bislang nicht und bleibt damit den geforderten Beweis schuldig, tatsächlich der Sieger zu sein.

Bis Freitag wird sich unterdessen klären, ob die gemäßigten Linksregierungen in Chile, Kolumbien, Mexiko und Brasilien ihre Botschafter zur Vereidigung des selbsternannten „Sozialisten“ Maduro nach Caracas schicken – und ihn damit de facto anerkennen. Sie selbst verweisen darauf, die Gesprächskanäle trotz aller Unstimmigkeiten offenhalten zu wollen. Damit machen sie sich im eigenen Land angreifbar. Die EU hat indes laut Medienberichten entschieden, keine Botschafter zur Vereidigung zu entsenden – als sichtbares Zeichen gegen Maduro.

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