Männer aus Mittelamerika warten in einer Schlange auf eine Mahlzeit in einer Suppenküche am 13. November 2018 in Tijuana.
Keine Zukunft mehr in den USA

Lateinamerika erwartet Rückkehr abgeschobener Migranten

Bogotá D.C. ‐ Die angekündigten Massenabschiebungen aus den USA haben begonnen. Für die Aufnahmeländer beginnt der schwierige Prozess der Re-Integration. Menschen aus Venezuela könnten nun auch nach Europa ausweichen.

Erstellt: 18.02.2025
Aktualisiert: 17.02.2025
Lesedauer: 
Von Tobias Käufer (KNA)

Bislang kamen die Migranten aus Venezuela vor allem aus dem Süden nach Panama, durch die Dschungelverbindung des Darién, die Kolumbien und Südamerika mit Panama und Mittelamerika verbindet. 2023 waren es dort rund 500.000 Menschen. Doch nun geht es wieder zurück: Venezolanische Migranten, die es nicht in die USA geschafften haben, kehren um und müssten nun wieder tagelang durch die lebensgefährliche Wildnis marschieren – in umgekehrter Richtung.

„Jetzt haben wir das Problem des umgekehrten Stroms: derer, die aus dem Norden zurückkommen“, so Panamas Präsident Jose Raul Mulino bei einer Pressekonferenz (Donnerstag Ortszeit). Seine Regierung prüft nun laut Medienberichten Möglichkeiten, Migranten direkt in die kolumbianische Stadt Cúcuta an der Grenze zu Venezuela zu bringen.

Ein Rückführung direkt in das Herkunftsland ist nicht möglich, da die Regierung in Panama-Stadt keine diplomatischen Beziehungen zur linksdiktatorischen Regierung in Caracas unterhält. Panama erkennt den hoch umstrittenen Wahlsieg des sozialistischen Machthabers Nicolas Maduro vom Juli 2024 nicht an.

Panama prüfe nun, die Menschen direkt nach Cucuta zu fliegen und dort eine Transitstelle nach Venezuela einzurichten, so Präsident Mulino. Das Land hatte sich im Zuge der diplomatischen Streitigkeiten mit der Regierung von US-Präsident Donald Trump über den Panama-Kanal zu einer stärkeren Zusammenarbeit in der Migrationspolitik bereiterklärt.

Einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Poder y Estrategia zufolge ist die Absicht der Menschen, nach dem mutmaßlichen Wahlbetrug des Maduro-Lagers das Land zu verlassen, nicht kleiner geworden. Rund 18 Prozent der Venezolaner erwägen demnach, ihre Koffer zu packen. Vor allem bei den unter 30-Jährigen sei fast die Hälfte entschlossen, das Land zu verlassen.

Neue Zielländer?

„Die wichtigste Erkenntnis betrifft die Länder, die sie ansteuern. Die USA als Hauptreiseziel sind stark zurückgegangen“, sagte Ricardo Rios, Experte von Poder y Estrategia, dem Portal „Versión Final“. Statt den USA wollten die potenziellen Abwanderer aus Venezuela nun Brasilien, Kolumbien oder Spanien erreichen. Seit 2013 haben bereits rund acht Millionen Menschen wegen politischer Verfolgung und der anhaltenden Versorgungskrise Venezuela verlassen – rund ein Viertel der Bevölkerung.

Guatemala erklärte sich bereit, von den USA abgeschobene Migranten anderer Nationalitäten aufzunehmen, wie Präsident Bernardo Arevalo nach einem Treffen mit US-Außenminister Marco Rubio in der vergangenen Woche mitteilte. Die Details dieser Kooperation müssen aber noch ausgearbeitet werden. El Salvador bot den USA an, inhaftierte straffällige Migranten – egal welcher Nationalität – gegen Entgelt im salvadorianischen Mega-Gefängnis aufzunehmen. Ob das rechtlich überhaupt machbar ist, daran gibt es große Zweifel. Hinzu kommt scharfe Kritik von Menschenrechtsorganisationen.

In den USA selbst setzen sich offenbar inzwischen mehr republikanische Abgeordnete dafür ein, den harten Abschiebekurs zu überdenken. „Wir arbeiten an einem Gesetz, in dem wir den Bundeskongress auffordern, jedem Kubaner, der über das Formular I-220A verfügt, zu erlauben, das Einwanderungsverfahren fortzusetzen, bis er eine Aufenthaltsgenehmigung erhält und das kubanische Anpassungsgesetz in Anspruch nehmen kann“, erklärte die kubanischstämmige Abgeordnete Maria Elvira Salazar dem Sender Univision.

In der Republikaner-Hochburg Florida fürchten viele Abgeordnete der Trump-Partei die Enttäuschung von Exil-Kubanern, -Venezolanern und -Nicaraguanern, die bei der Präsidentenwahl für Trump gestimmt haben – und deren Angehörigen und Freunden nun selbst Abschiebung droht. 2026 finden die Midterm-Wahlen statt, bei denen neu über die Zusammensetzung von Senat und Kongress entschieden wird.

Der mexikanische Bischof Eugenio Lira Rugarcia, nationaler Kirchenbeauftragter für Migrationshilfe, beziffert das Potenzial der von der US-Einwanderungspolitik Betroffenen mit „mehr als 13,5 Millionen Menschen ohne Papiere direkt und Millionen weitere indirekt.“

Mehr zum Thema