Verhandlungen über Weltplastikabkommen vor ungewissem Ausgang
Busan/Bonn ‐ Kommt es zu einem wirksamen Abschluss oder bleibt es bei leeren Worten? Bei den Verhandlungen zum Weltplastikabkommen scheint es nicht so recht voranzugehen. Zu unterschiedlich sind die Interessen der Vertragsparteien.
Aktualisiert: 29.11.2024
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Rund 400 Millionen Tonnen Plastik werden jährlich neu produziert, etwa halb so viel landet im gleichen Zeitraum im Müll – oder schlimmstenfalls in der Natur. Die Welt hat ein ernstes Plastikproblem, bislang aber noch keine Lösung dafür gefunden. Seit Montag verhandeln nun 170 Staaten im südkoreanischen Busan über ein neues Vertragswerk. Das Weltplastikabkommen soll vor allem einen Plan zur Bekämpfung der Plastikverschmutzung im Meer präsentieren. Die aktuell fünfte Verhandlungsrunde soll dabei, so die Hoffnung der UN, zu einem Abschlusstext führen, der im kommenden Jahr ratifiziert werden kann.
Dass es beim Plastik so viel schneller gehen könnte als beim Klimaschutz – erst jüngst ging die 29. UN-Klimakonferenz in Baku zu Ende, ohne Aussicht darauf, dass die Klimaziele alsbald erreicht würden - liegt wohl vor allem daran, dass das Problem greifbarer ist. Das Wetter ist für den Einzelnen kaum zu fassen, anders als riesige Müllkippen in Afrika oder ein über eine Million Quadratmeter großer Müllstrudel im Pazifik.
Allerdings besteht wenig Einigkeit in den Ansichten, wie sich das Problem am besten bewältigen lässt. Bereits im Vorfeld der Verhandlungen beklagten Experten und Umweltschützer eine Verwässerung des Vertragsentwurfes. Zu viele „eckige Klammern“ mit Einwürfen und Einschränkungen seitens der Plastik-Lobby seien dem Text hinzugefügt worden, bemängelte die Meeresökologin Melanie Bergmann. Die Forscherin aus Bremerhaven nimmt als Beobachterin an der aktuellen Verhandlungsrunde teil. Zwar habe der Verhandlungsvorsitz den Entwurf noch entschlackt und präzisiert. Fraglich sei aber, ob diesem nun so zugestimmt wird.
Im Kern geht es zum einen natürlich ums Geld. Die Finanzierung der Maßnahmen muss geklärt sein, dabei soll auch nach Ansicht der Bundesregierung konsequent das „Verursacherprinzip“ gelten. Experten verweisen aber darauf, dass der Finanzbedarf alleine aus staatlichen Mitteln kaum zu decken sei und auch die Industrie miteinbezogen werden müsse. Für strengere Maßnahmen gegenüber den Produzenten, etwa in Form einer Plastiksteuer, dürfte es allerdings schwerer werden, eine Mehrheit zu finden.
Knackpunkt Regulierung
Nicht weniger umstritten ist die Frage, wie künftig die Plastikmenge besser reguliert werden kann, damit weniger Kunststoffabfall entsteht. Einige Staaten, darunter auch Deutschland, wollen sich für eine Begrenzung der weltweiten Plastikproduktion einsetzen. Das wird jedoch in Busan vor allem durch eine Minderheit der öl- und gasfördernden Staaten blockiert, wie Moritz Jäger-Roschko von Greenpeace auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) erklärt. Diese wollten die Plastikproduktion „massiv ausbauen“. Erdöl ist weiterhin der wichtigste Bestandteil der meisten Kunststoffe.
Den blockierenden Staaten wirft Jäger-Roschko vor, die eigenen Interessen über den Schutz von Umwelt, Klima und Gesundheit zu stellen. Inhaltlich habe es auch deshalb zur Halbzeit der Verhandlungen keine Fortschritte gegeben. „Die Gespräche drehen sich im Kreis“, sagt der Greenpeace-Referent und warnt: „Mit jeder Stunde, in der wir nicht vorankommen, steigt die Gefahr eines schwachen, unverbindlichen Abschlusses.“
Eines der großen Zauberwörter, dass auch in Busan sicher oft fallen wird, heißt deswegen Kreislaufwirtschaft. Derzeit liegt die weltweite Recyclingquote von Kunststoffen bei etwa 14 Prozent. Wenn diese deutlich erhöht würde, könnte damit auch eine weitere Plastikproduktion prinzipiell kompensiert werden, so die Rechnung.
Tatsächlich weisen Forscher wie der Wuppertaler Kreislaufwirtschaftsexperte Henning Wilts darauf hin, dass mit der heutzutage bestehenden Technik rund 80 Prozent der Plastikabfälle theoretisch recycelbar wären. Allerdings sind diese Techniken bei weitem nicht in allen Ländern des Globus verfügbar, auch die Infrastruktur für Abfallentsorgung und -sortierung weist große Unterschiede auf. Selbst in Deutschland, das sich zu den führenden Recycling-Nationen zählt, werden aktuell nur etwa 38 Prozent der Plastikabfälle mechanisch oder chemisch recycelt.