Jahrestagung der Görres-Gesellschaft geht zu Ende
Regensburg ‐ Mit einem Festakt ist in Regensburg die Jahrestagung der Görres-Gesellschaft zu Ende gegangen. Die Teilnehmenden hatten sich intensiv mit Ökologie, Humanismus und der Klimakrise auseinandergesetzt.
Aktualisiert: 08.10.2024
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Die Jahrestagung der Görres-Gesellschaft ist heute (29. September 2024) zu Ende gegangen. Sie fand seit Freitag (27. September 2024) auf Einladung der Universität Regensburg statt und widmete sich dem Rahmenthema „Schöpfung und Verantwortung“.
Beim abschließenden Festakt sprach der Münchener Sozial- und Umweltethiker Prof. Dr. Markus Vogt zum Thema „Ökologischer Humanismus. Konturen einer christlichen Umweltethik“. Mit dem Begriff des „Ökologischen Humanismus“ schlug er eine menschenrechtlich fundierte Interpretation des Nachhaltigkeitskonzeptes vor. Dieses solle als viertes Sozialprinzip der katholischen Soziallehre – neben Personalität, Solidarität und Subsidiarität – anerkannt werden. Gleichzeitig sollte es als Übersetzung der ethisch-spirituellen Impulse christlicher Schöpfungstheologie in die Sprache von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft übertragen werden. Prof. Vogt versteht den Schöpfungsglauben als „Tat-Sache“, als Handlungsauftrag, zum Beispiel für eine klimaneutrale Kirche bis 2035. Als ethischer Kompass könne eine ökologische und vernunftrechtliche Relektüre des Naturrechts dienen, wofür sich an Vordenker der Görres-Gesellschaft anknüpfen ließe. Die spezifisch kirchliche Kompetenz verortete Markus Vogt vor allem in einer kulturellen Transformation hinsichtlich der ökosozialen Einbettung des Verständnisses von Fortschritt, Freiheit und Menschenrechten.
Dem Festakt vorausgegangen war ein Gottesdienst im Regensburger Dom mit Bischof Dr. Rudolf Voderholzer. In seiner Predigt verknüpfte er das Thema der Jahrestagung „Schöpfung und Verantwortung“ mit dem Sonntagsevangelium, in dem Jesus die Jünger zu ungeteilter Rechtschaffenheit im Hören auf Gottes Lebensweisung aufruft. Beide Anliegen seien in Papst Benedikts Projekt einer „Ökologie des Menschen“ aufgehoben.
Neben dem Festakt und zentralen Vorträgen standen bei der Jahrestagung die Sitzungen der einzelnen wissenschaftlichen Sektionen der Görres-Gesellschaft mit über 80 Vorträgen im Vordergrund. Die Angebote bildeten die gesamte Palette der wissenschaftlichen Vielfalt der Görres-Gesellschaft ab und widmeten sich in zahlreichen Einzelveranstaltungen vornehmlich dem Thema „Schöpfung und Verantwortung“.
Der Präsident der Görres-Gesellschaft, Prof. Dr. Bernd Engler, würdigte das Thema: „In der öffentlichen Wahrnehmung entsteht oft der einseitige Eindruck, dass Themen wie der Klimawandel, der Verlust von Biodiversität oder der verantwortungsvolle Umgang mit unseren natürlichen Ressourcen allein von Gruppierungen wie Greenpeace, Fridays for Future oder Last Generation adressiert werden. Wir sollten uns aber bewusst machen, dass erst die Wissenschaft die Grundlagen für die Analyse der globalen Fehlentwicklungen ebenso wie für klimawirksame Lösungsansätze bietet.“ Die Görres-Gesellschaft könne mit der Bandbreite ihrer wissenschaftlichen Disziplinen ebenfalls einen Beitrag zu dieser Bewusstmachung leisten. „Keineswegs zu vernachlässigen sind bei allen Diskussionen zudem die nachdrücklichen Äußerungen von Vertretern unterschiedlicher Religionen. So hat sich allen voran Papst Franziskus – etwa in seiner Enzyklika Laudato siʼ aus dem Jahr 2015, aber auch in seinem Apostolischen Schreiben Laudate Deum aus dem Jahr 2023 – ausführlich mit der globalen Klimakrise und den daraus insbesondere in den ärmeren Regionen der Welt resultierenden sozialen Ungerechtigkeiten befasst und zu einem radikalen Umdenken aufgerufen“, so Prof. Engler.
Auch diese Jahrestagung legte ein besonderes Augenmerk auf die zahlreichen Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler, die in Regensburg dabei waren. Das eigens für diese Gruppe ins Leben gerufene „Junge Forum der Görres-Gesellschaft“ bot die Möglichkeit, sich zu vernetzen und eigene Akzente zu setzen.
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Die Görres-Gesellschaft zur Pflege der Wissenschaft ist mit rund 2.900 Mitgliedern eine der größten und zugleich eine der ältesten deutschen Wissenschaftsgesellschaften. Vor dem Hintergrund eines christlichen Menschenbildes diskutieren die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Ergebnisse aktueller Forschungen an der Schnittstelle von Wissenschaft, Gesellschaft, Politik und Religion.
Einige Beispiele aus dem Tagungsprogramm von Regensburg: Die philosophische Sektion befasste sich mit theoretischen und praktischen Perspektiven der Verantwortung für die Natur. Die Pädagogik stellte ihre Veranstaltung unter das Thema „Kant, Nachhaltigkeit und KI“, die Geschichtswissenschaften warfen einen historischen Blick auf Schöpfung und Umweltschutz. Bei den Altertumswissenschaften wurde das Umweltbewusstsein in der Antike untersucht. Die Philologien hatten das Thema „Literarische Schöpfungsmythen“ gewählt, während in den Religionswissenschaften über die Grundlagen einer Umweltethik, etwa im Islam und im Judentum, diskutiert wurde. Die Europäische Ethnologie widmete sich zusammen mit der Soziologie den „Mensch-Umwelt-Beziehungen im Anthropozän“ und bei der Politikwissenschaft kam die „natürliche Politik“ zur Sprache. Die Wirtschaftswissenschaftler führten eine Podiumsdiskussion zum Thema „Klimawandel und wirtschaftliche Verantwortung“ durch, zu der u. a. der Siegener Kapitalismus-Kritiker Niko Paech kam. Die Geschöpflichkeit des Menschen war schließlich Gegenstand der Tagung der medizinischen Sektion. Darüber hinaus beschäftigte sich die rechts- und staatswissenschaftliche Sektion mit der „Verfassung der Europäischen Union“, die Musikwissenschaften mit „SakralKlangRäumen“.
DBK /dr