Zwei Menschen halten gemeinsam eine Pflanze in den Händen.
Schöpfung

Das Wunder der Schöpfung bewahren

Der christliche Glaube sieht die Welt als Gottes gute Schöpfung. Der Mensch hat den Auftrag, die Welt zu gestalten und die Schöpfung zu bewahren. Die Sorge für die „Mutter Erde“ ist nicht eine unter vielen Fragen, sondern die Überlebensfrage des Planeten überhaupt.

Erstellt: 20.04.2013
Aktualisiert: 21.10.2022
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Der christliche Glaube sieht die Welt als Gottes gute Schöpfung. Der Mensch hat den Auftrag, die Welt zu gestalten und die Schöpfung zu bewahren. Die Sorge für die „Mutter Erde“ ist nicht eine unter vielen Fragen, sondern die Überlebensfrage des Planeten überhaupt.

„Gott sah alles an, was er gemacht hatte: Es war sehr gut.“ (Gen 1,31). Die Schöpfung Gottes ist kein Zufallsprodukt. Sie ist gewollt und aus Liebe („creatio ex amore“) erschaffen. Schon die ersten Seiten der Genesis sprechen davon, dass die Erschaffung der Erde „gut“ ist. Die biblischen Texte verweisen immer wieder auf den Schöpfergott, der ein Liebhaber des Lebens (vgl. Weish 11,24-26) ist. Er hat die Welt mit all ihren Kräften ins Dasein gerufen und sorgt sich um seine Geschöpfe. Im Buch der Psalmen klingt die Freude über die gute Schöpfung an: „Herr, wie zahlreich sind deine Werke! Mit Weisheit hast du sie alle gemacht, die Erde ist voll von deinen Geschöpfen.“ (Ps 104,24). Der Mensch dankt seinem Schöpfer; er selbst ist ja sogar nach jüdisch-christlichem Glauben Ebenbild Gottes (Gen 1,27; Gen 9,6; Ps 8) und hat den Auftrag, für Gottes Schöpfung Verantwortung zu tragen „Gott, der Herr, nahm also den Menschen und setzte ihn in den Garten von Eden, damit er ihn bebaue und hüte!“ (Gen 2,15).

Bebauen und Behüten

Wie kein anderer hat Franz von Assisi es verstanden, auf diesen Aspekt hinzuweisen: Der Mensch ist Teil der Schöpfung, er steht nicht über ihr, sondern ist ein Teil des Universums. In besonderer Achtung vor der gesamten Umwelt – der Pflanzen, der Tiere, des Wassers, der Luft und der Erde – trägt der Mensch die Sorge für den Fortbestand des Lebens. Im „Sonnengesang“ nennt Franz von Assisi die Mitgeschöpfe seine Geschwister (u.a. „Bruder Sonne“ und „Schwester Mond“).

Papst Franziskus, der mit seiner programmatischen Namenswahl auf den Poverello aus Assisi und dessen behutsamen Umgang mit der Schöpfung zurückverweist, spricht in seiner Antrittspredigt die universelle Richtung der Schöpfungsverantwortung aller Menschen an: „Die Berufung zum Hüten geht jedoch nicht nur uns Christen an; sie hat eine Dimension, die vorausgeht und die einfach menschlich ist, die alle betrifft. Sie besteht darin, die gesamte Schöpfung, die Schönheit der Schöpfung zu bewahren, wie uns im Buch Genesis gesagt wird und wie es uns der heilige Franziskus von Assisi gezeigt hat: Sie besteht darin, Achtung zu haben vor jedem Geschöpf Gottes und vor der Umwelt, in der wir leben.“ (Papst Franziskus, Predigt zur Amtseinführung am 19.03.2013).

Aussicht von dicht bewachsenen Bergen in die darunter liegende Ebene mit tiefstehender Sonne
Bild: © Büschkes/Missio

Planen für morgen und übermorgen

Die Worte sind zukunftsweisend, denn der Garten Eden ist heute mehr denn je bedroht – daran besteht kein Zweifel. Abholzung der Regenwälder, Massentierhaltung und Energieverschwendung stehen in einem krassen Widerspruch zur (biblischen) Schöpfungsverantwortung.

Immer spürbarer wird die Endlichkeit natürlicher Ressourcen. Die globale Erwärmung und die Emissionen von Treibhausgasen steigen – mit fatalen Folgen für Menschen, Gesellschaften und die gesamte Schöpfung. Angesichts dieser Entwicklungen engagieren sich die christlichen Kirchen schon seit vielen Jahren für den Erhalt der Schöpfung. An unterschiedlichen Orten und durch kleine, aber wichtige Schritte stehen Christen für die Bewahrung des bedrohten Planeten ein – so zum Beispiel in der Bewegung „Aufruf für eine prophetische Kirche: Ein Leben in Fülle für alle “ (2010–2014). In dieser forderten zahlreiche katholische Orden, Hilfswerke, Verbände, Wissenschaftler und Bischöfe ein entschiedenes Bekenntnis zu mehr globaler Gerechtigkeit und einen stärkeren Einsatz für die Bewahrung der Schöpfung.

Ein gelber Bagger gräbt Erde in dicht bewaldetem Gebiet um
Bild: © Melters/Missio

„Herr, wie zahlreich sind deine Werke! Mit Weisheit hast du sie alle gemacht, die Erde ist voll von deinen Geschöpfen.“

—  Zitat: Ps 104,24

Auch die Partner der katholischen Hilfswerke wie Missio oder Misereor machen sich in Afrika, Asien, Lateinamerika und Ozeanien für den Erhalt und den Schutz der Erde stark. Ob in Cape Coast (Ghana), wo die Ortskirchen über das „Environmental Concern Office“ das Bewusstsein für die ökologische Frage als missionarische Verantwortung aufgreifen oder im Senegal, wo über ein Solarprojekt eine alternative Stromversorgung aufgebaut wird, gilt der Aufruf aus der Sozialenzyklika Caritatis in Veritate: „Es gibt Platz für alle auf dieser unserer Erde: Auf ihr soll die ganze Menschheitsfamilie die notwendigen Ressourcen finden, um mit Hilfe der Natur selbst, dem Geschenk Gottes an seine Kinder, und mit dem Einsatz ihrer Arbeit und ihrer Erfindungsgabe würdig zu leben. Wir müssen jedoch auf die sehr ernste Verpflichtung hinweisen, die Erde den neuen Generationen in einem Zustand zu übergeben, so dass auch sie würdig auf ihr leben und sie weiter kultivieren können.“ (CiV Nr. 50)

Stand: April 2013

Von Michael Meyer, Missio Aachen

Die Erd-Charta

Die Erd-Charta ist eine internationale Erklärung grundlegender ethischer Prinzipien für eine nachhaltige Entwicklung. Sie ist das Produkt eines weltweiten interkulturellen und interreligiösen Dialogs, an dem Hunderte von Organisationen sowie Tausende von Einzelpersonen über kulturelle, religiöse und geographische Grenzen hinweg beteiligt waren.

Die Erklärung ist Basis der Internationalen Erd-Charta-Initiative, ein weltweites Netzwerk von Menschen, Organisationen und Institutionen, die sich für die Anwendung und Umsetzung der Erd-Charta-Ethik einsetzen.

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