Vor 125 Jahren wurde der erste schwarze Bischof der Neuzeit geboren
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Ein Warner vor brutalen Demagogen

Vor 125 Jahren wurde der erste schwarze Bischof der Neuzeit geboren

Kampala  ‐ Als Joseph Kiwanuka 1966 starb, war das Zweite Vatikanische Konzil gerade beendet und er selbst schon kein großer Exot mehr. Doch der erste schwarze Bischof Afrikas in der Neuzeit läutete eine neue Ära der Weltkirche ein.

Erstellt: 25.06.2024
Aktualisiert: 24.06.2024
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Von Alexander Brüggemann (KNA)

In der katholischen Weltkirche des 21. Jahrhunderts sind schwarze Kardinäle und Behördenleiter im Vatikan längst zur Normalität geworden. Die Rede von der Wahl eines Papstes aus Afrika geht inzwischen mit jedem Konklave um. Doch noch beim Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) waren die allermeisten Bischöfe des Schwarzen Kontinents weiße Missionare. Mit der Bischofsernennung von Joseph Kiwanuka im Mai 1939 begann ein Epochenwandel. Vor 125 Jahren, am 25. Juni 1899, wurde er in Nakirebe/Uganda geboren.

Kiwanuka war der erste einheimische Bischof des lateinischen Ritus in Afrika seit den Zeiten des heiligen Augustinus (354-430). Missionserzbischof Henri Streicher (1863-1952), ein Elsässer aus dem Orden der Weißen Väter, wünschte sich für Uganda einheimische Priester. Er war überzeugt, nur sie seien in der Lage, den christlichen Glauben glaubhaft und damit auch dauerhaft zu verwurzeln. Bewusst förderte Streicher begabte Kandidaten. Einer von ihnen war Joseph Kiwanuka, ein Junge aus einfachsten Verhältnissen.

Als Kind wanderte er täglich 14 Kilometer mit seiner Familie zur Messe. Ohne Schulbildung hatte er zu lesen gelernt, so dass ihn ein Ordensmann an eine Missionsschule vermittelte. 1923 trat Kiwanuka dann selbst der Gesellschaft der Afrika-Missionare („Weiße Väter“) bei. 1929 wurde er zum Priester geweiht und nach Rom geschickt, wo er mit einer Arbeit zum Eherecht promoviert wurde.

Gebot der Stunde

Die Initiative Erzbischof Streichers für einen einheimischen Klerus stand freilich nicht im luftleeren Raum. Die Missionsstrategien der katholischen Kirche sind historisch immer auch stark im Licht der außenpolitischen Konzeptionen Europas zu bewerten. Das frühe 20. Jahrhundert war noch ganz von der Frontstellung zwischen Kolonialismus einerseits und ersten Unabhängigkeitsbestrebungen andererseits geprägt. Zur Zeit des Ersten Weltkriegs stand dabei der Ferne Osten im Fokus, vor allem China.

In diesem Kontext steht das päpstliche Schreiben „Maximum illud“ von 1919. Der Weltkriegspapst Benedikt XV. (1914-1922) forderte darin eine Abkehr von den Praktiken der Kolonialzeit. Missionare müssten auf kulturelle Eigenheiten der Völker eingehen und vor allem einen einheimischen Klerus ausbilden. Dies, so Benedikt XV., bedeute ein Ende des selbstgerechten europäischen Machtanspruchs und Egoismus. Sein Nachfolger Pius XI. (1922-1939) ging diesen Kurs weiter. 1926 wurden im Petersdom die ersten chinesischen Bischöfe geweiht und bald darauf die ersten aus Japan und Vietnam.

Für Afrika dauerte der Wandel etwas länger. Doch in den 1930er Jahren wuchs, auch mit Blick auf die totalitären Ideologien des Bolschewismus und Faschismus, das Bewusstsein der Kirchenleitung, zur wirklich universalen Verteidigung des Völkerrechts und der Menschenrechte aufgerufen zu sein. Die Gemeinschaft der Nationen, verankert im Naturrecht, und der Kampf gegen ein neues Heidentum waren Hauptthemen von Kardinalstaatssekretär Eugenio Pacelli, später Pius XII. (1939-1958). Im Mai 1939 ernannte der neue Papst Joseph Kiwanuka zum Apostolischen Vikar von Masaka, im Bischofsrang.

Geistlicher mit Weitsicht

Kiwanuka setzte immer mehr einheimische Priester als Pfarrer für seine Gemeinden ein – wobei er großen Wert auf ihre Ausbildung legte. Gleichwohl war die Skepsis über das Experiment in Uganda in Missionskreisen groß. Waren die Afrikaner tatsächlich vorbereitet, ihre Kirche in Eigenverantwortung zu leiten? Doch Pius XII. ging den eingeschlagenen Weg konsequent weiter: 1953 wurde Masaka zur regulären Diözese erhoben und Kiwanuka Diözesanbischof. 1960 machte ihn Johannes XXIII. zum Erzbischof von Rubaga.

In seiner Heimat Uganda war Kiwanuka eine Autorität. Er trug dazu bei, die Bevölkerung auf die staatliche Unabhängigkeit 1962 vorzubereiten. Zudem versuchte er, im Guten auf die Politiker seines Landes einzuwirken; etwa mit einem Offenen Brief über Führung und demokratische Reife, in dem er hellsichtig vor charismatischen Demagogen warnte.

Doch am 22. Februar 1966 starb der Erzbischof mit nur 66 Jahren, wenige Monate nach Abschluss des Konzils – und wenige Tage, bevor sich der spätere Autokrat Milton Obote nach einem Staatsstreich zum Präsidenten Ugandas erklärte. Die blutigen Diktaturen von Obote und Idi Amin, vor denen Kiwanuka noch gewarnt hatte, blieben ihm so selbst erspart.

Im Juli 1969, nur wenige Tage nach der US-amerikanischen Landung auf dem Mond, weihte Paul VI. in Kiwanukas früherer Kathedrale zwölf neue afrikanische Bischöfe. Der Glassarg mit den sterblichen Überresten des ersten afrikanischen Bischofs der Neuzeit steht im Seitenschiff der Kirche. 2015 feierte dort auch Papst Franziskus eine Messe.

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