Afrikanische Umweltjournalisten unter Druck
Kaduna/Kampala ‐ Ausbleibender Regen im Sahel; Überschwemmungen an den Küsten. Die Auswirkungen des Klimawandels machen sich in Afrika besonders bemerkbar. Journalisten kämpfen dafür, häufiger und fundierter darüber berichten zu können.
Aktualisiert: 19.07.2024
Lesedauer:
ima Yakubu postet fast täglich Fotos auf Facebook. Mal steht er in einem ausgetrockneten Flussbett, mal knietief im Schlamm. Auf manchen Bildern ist er von riesigen Müllbergen umgeben. Immer dabei sind Mikrofon und Aufnahmegerät. Der Journalist arbeitet in der Stadt Kaduna im Norden Nigerias und berichtet für das dortige Programm der Deutschen Welle in der Sprache Hausa, für lokale Radiosender und Online-Zeitungen. Seine Herzensangelegenheit sind Reportagen über Umweltverschmutzung und Klimawandel. Dafür hat er den Zusammenschluss „Afrikanische Klima-Reporter“ (ACR) gegründet, die eine Nachrichten-Plattform betreibt. Begonnen mit der Umweltberichterstattung hat er vor zehn Jahren. „Ich habe damals gemerkt, wie weitreichend die Konsequenzen sind.“
Viehhirten würden ihre Tiere in die Städte bringen, „weil Weideflächen knapp werden“. Das führt manchmal zu Ausschreitungen mit Hunderten Toten. In den Kampf um Ackerflächen und Weideland wird mitunter der Aspekt der Religion gemischt. Sesshafte Farmer sind eher Christen, Viehhirten der Ethnie Fulani fast ausschließlich Muslime. Eigentliche Ressourcenkämpfe werden religiös gefärbt.
Ibrahima Yakubu kritisiert Umweltverschmutzung ebenso wie Ankündigungen der nigerianischen Regierung. Seit den verheerenden Überschwemmungen im Jahr 2022 äußert sie sich gelegentlich zum Klimawandel. Nach schweren Regenfällen mussten damals 1,3 Millionen Menschen ihre Dörfer verlassen; 600 starben. Ein Jahr später schickte Nigeria eine große Delegation zur Weltklimakonferenz COP28 nach Dubai. „Dieser ganze Lärm darum ist nutzlos, wenn Regierung und Verantwortliche keine Lösungen für Betroffene entwickeln“, so der Journalist.
Riskante Arbeit
Generell ist Kritik an Regierungen, die sich nicht um die Folgen des Klimawandels kümmern, auf dem afrikanischen Kontinent die Ausnahme. Gleiches gilt für Kritik an Konzernen, die große Flächen für den Anbau von Monokulturen abholzen oder sich nicht um Umweltstandards kümmern.
Denn die Arbeit von Umweltjournalisten ist riskant. Zu diesem Ergebnis kommt auch eine Untersuchung der Unesco, die den Titel „Presse und Planet in Gefahr“ trägt. Demnach wurden von 2009 bis 2023 mindestens 749 Umweltjournalisten in 89 Ländern angegriffen: 44 starben; mindestens 24 überlebten Mordanschläge. Die Zahl der Angriffe hat in den vergangenen fünf Jahren deutlich zugenommen.
Das kann auch daran liegen, dass sich zunehmend Journalisten auf dieses Themengebiet spezialisieren. Zusammenschlüsse wie das „Oxford Climate Journalism Network“ sind entstanden. Auszeichnungen für Reportagen gehen aber überwiegend an Journalisten aus dem Globalen Norden. Gleichzeitig haben diese einen besseren Zugang zu Fonds für aufwendige Recherchen. Und genau das ist nötig, um über längere Zeiträume zu recherchieren, wie multinationale Konzerne agieren und welche geheimen Deals es mit Regierungsvertretern gibt.
Bessere Finanzierung nötig
In Ugandas Hauptstadt Kampala leitet Robert Ssempala die Nichtregierungsorganisation Menschenrechtsnetzwerk für Journalisten und beobachtet: „Umweltjournalismus ist eins der ganz neuen Felder, in das Journalisten gehen.“ Grund dafür sind lokale Entwicklungen: Die wachsende Bevölkerung - die Einwohnerzahl hat sich in den vergangenen 25 Jahren etwa verdoppelt und lag 2022 bei gut 47 Millionen Menschen - braucht Wohnraum in Gegenden, die eigentlich unter Naturschutz stehen sollten. Auch schreite die Industrialisierung voran.
Gleichzeitig bleibt Umweltjournalismus ein Nischenthema; „Angst“ unter Journalisten nennt Robert Ssempala den Grund. Laut Reporter ohne Grenzen sind in Uganda Journalisten ohnehin schon „fast täglich Einschüchterung und Gewalt ausgesetzt“.
Im Umweltjournalismus kommt erschwerend hinzu, dass es „bei diesen Berichten und Reportagen oft um einflussreiche Menschen geht, die Anzeigen in ihren Medienunternehmen schalten“. Das seien ausgerechnet jene, die gute Kontakte zu Regierungen hätten. „Es gibt viel Selbstzensur“ sagt Ssempala. Mehr Schutz sowie eine bessere Finanzierung seien notwendig.
In Nigeria sieht Ibrahima Yakubu auch seine Kollegen in der Pflicht. Sie bräuchten ein profundes Wissen über Landwirtschaft, Meteorologie, Klimawandel, die Beschaffenheit von Böden - die Liste ist lang. Um Interesse zu wecken, müssten sie außerdem Zusammenhänge erklären und umsetzbare Tipps für den Alltag bieten. Farmern, die wertvolles Ackerland durch Erosionen verlieren, erklärt Yakubu deshalb gerne, wie wichtig das Pflanzen von Bäumen ist. „Das bringt ihnen einen Nutzwert.“