Organisationen reichen Beschwerde gegen Bayer bei OECD ein
Aachen/Berlin ‐ Misereor und andere Nichtregierungsorganisationen aus Deutschland und Südamerika erheben schwere Vorwürfe gegen den deutschen Agrochemiekonzern Bayer. Es geht um Sojaanbau. Das Unternehmen weist alle Anschuldigungen zurück.
Aktualisiert: 25.04.2024
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Zivilgesellschaftliche Organisationen werfen dem deutschen Agrochemiekonzern Bayer Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden in Südamerika vor. Daher haben sie am Donnerstag bei der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) eine Beschwerde eingereicht.
Der Vorwurf der Beschwerdeführer lautet, Bayer verstoße gegen die Leitsätze der Organisation für multinationale Unternehmen. Diese würden – anders als das deutsche Lieferkettengesetz – Sorgfaltspflichten auch für die Nutzung der eigenen Produkte vorsehen, insbesondere wenn ein Missbrauch vorhersehbar sei.
In Südamerika fördere der Konzern ein Landwirtschaftsmodell, das zu Nahrungsunsicherheit, Wasserknappheit, extremer Abholzung, Biodiversitätsverlust, gravierenden Gesundheitsauswirkungen sowie Landkonflikten mit indigenen und bäuerlichen Gemeinschaften führe. Im Fokus steht das Geschäft mit gentechnisch verändertem Soja-Saatgut und Pflanzenschutzmitteln auf Glyphosatbasis.
Bayer weist Vorwürfe zurück
Hinter der Beschwerde stehen das katholische Hilfswerk Misereor, das European Center for Constitutional and Human Rights aus Berlin, das Centro de Estudios Legales y Sociales aus Argentinien, Terra de Direitos aus Brasilien, Base-IS aus Paraguay sowie Fundacion Tierra aus Bolivien. Ziel der Beschwerde sei es, dass die OECD einen Vermittlungsprozess zwischen Bayer und Betroffenen unterstütze, hieß es.
Bayer wies die Vorwürfe auf Anfrage der KNA zurück. Das Unternehmen argumentierte, dass die eigenen Produkte „bei sachgemäßem Gebrauch gemäß der Anwendungshinweise sicher sind und weder Menschen noch die Umwelt einem inakzeptablen Risiko ausgesetzt sind“. Studien für die Zulassung von chemischen oder biologischen Pflanzenschutzmitteln basierten auf den strengen internationalen Richtlinien der OECD. Die internen Sicherheitskriterien des Konzerns seien „im Übrigen oft noch strenger als die behördlichen Anforderungen“. Glyphosat sei bei sachgemäßer Anwendung sicher und nicht krebserregend. Weltweit schule Bayer Landwirte in der Anwendung der eigenen Produkte.
Für die Rahmenbedingungen der Landwirtschaft in den verschiedenen Ländern seien darüber hinaus die jeweiligen staatlichen Behörden zuständig, so der Konzern. Die Konsolidierung der Landwirtschaft sei ein weltweiter Vorgang und völlig unabhängig von genmodifiziertem Saatgut.
Misereor: Versäumnisse bei Reaktion auf Menschenrechtsrisiken
Die Beschwerde-Initiatoren werfen Bayer dagegen Versäumnisse bei der Reaktion auf Menschenrechts- und Umweltrisiken vor, die unmittelbar mit seinem Geschäftsmodell in der Region verbunden sind. „Weder wurden die Auswirkungen der Nutzung von gentechnisch verändertem Saatgut und Pestiziden überwacht, noch wurden effektive Maßnahmen ergriffen, um diese zu verhindern und abzumildern”, sagt Sarah Schneider, Expertin für Landwirtschaft und Welternährung bei Misereor.
Nach Informationen von Misereor werden mehr als 50 Prozent der Agrarflächen in Brasilien, Argentinien, Bolivien und Paraguay mit gentechnisch verändertem Soja-Saatgut bewirtschaftet. Die Bayer AG ist dort führend bei der Vermarktung von glyphosat-resistenten Soja-Saatgut und den entsprechenden Pestiziden.
Auch Abel Areco, Leiter der Organisation BASE-IS aus Paraguay, kritisiert den Chemiekonzern. „In der Beschwerde zeigen wir, dass die Menschen in unserer Region aufgrund des fortschreitenden Sojaanbaus an Vergiftungen und schweren Krankheiten leiden; die lokalen Wasserquellen sind so verschmutzt, dass sie nicht mehr genutzt werden können; Indigenen und bäuerlichen Gemeinschaften wird ihr Land genommen, was ihre Lebens- und Ernährungsweise beeinträchtigt; Tausende von Hektar Wald verschwinden, wodurch die lokale Tier- und Pflanzenwelt bedroht ist.”
KNA/weltkirche.de/Misereor