Stadtteil San Pedrito in Santiago de Cuba.
Wirtschaftskrise im Inselstaat

Kuba bittet die Vereinten Nationen erstmals um Lebensmittelhilfe

Havanna ‐ Kurswechsel in Havanna: Wegen der katastrophalen Versorgungslage hat die kommunistische Regierung um Unterstützung bei den Vereinten Nationen angefragt – unter Revolutionsführer Fidel Castro ein unvorstellbarer Schritt.

Erstellt: 08.03.2024
Aktualisiert: 06.03.2024
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Angesichts der schweren Versorgungskrise auf Kuba hat der Ein-Parteien-Staat eine Kehrtwende vollzogen. Erstmals hat die kommunistische Regierung in Havanna eine offizielle Anfrage beim Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (WFP) gestellt. Hintergrund ist die fehlende Milch auf Kuba. Mit der Bitte um Lebensmittel soll sichergestellt werden, dass Milch an Kinder unter sieben Jahren verteilt werden kann.

Der Vorgang zeige den chaotischen Zustand der nationalen Wirtschaft, sagte der Wirtschaftswissenschaftler und unabhängige Journalist Orlando Freyre Santana aus Havanna dem regierungskritischen Portal Marti Noticias. „Es gibt keine Produktion. Nur drei Provinzen waren in der Lage, die Standardquote für Kinder bis zum Alter von sieben Jahren mit der nationalen Milchproduktion zu decken. Der Rest musste importiert werden, um diese Kinder zu versorgen. Da sich das Land jedoch in einer Finanzkrise befindet, ist es sehr schwierig, das Geld für die Einfuhr all dieser Milch aufzubringen.“

Kubas Regierung vollzieht damit einen doppelten Kurswechsel. Erst vor wenigen Wochen wollte die Regierung von Präsident Miguel Diaz-Canel mit radikalen Sparmaßnahmen und deutlichen Preiserhöhungen die schwere Wirtschaftskrise in den Griff bekommen. Im Gespräch waren Preisaufschläge von rund 400 Prozent für Tickets für Regionalbusse, 600 Prozent für Bahntickets und 470 Prozent für Inlandsflüge. Für den chronisch knappen Sprit soll die entsetzte einheimische Bevölkerung künftig 500 Prozent mehr zahlen. Doch unmittelbar vor Umsetzung der unpopulären Maßnahmen trennte sich die Regierung von Wirtschaftsminister Alejandro Gil und legte die Preiserhöhungen auf Eis.

Sanktionen und Planwirtschaft

Nun suchen die Kubaner Hilfe bei der UN, was unter dem 2016 gestorbenen ehemaligen Revolutionsführer Fidel Castro undenkbar gewesen wäre. Kubas Regierung macht vor allem das jahrzehntelange US-Handelsembargo gegen die Karibikinsel für die katastrophale wirtschaftliche Lage verantwortlich. Die offiziell verbotene Opposition sieht dagegen das planwirtschaftliche Ökonomie-Modell und Korruption als Hauptursachen für die Mangellage. Ex-Präsident Raul Castro, Bruder und Nachfolger von Fidel im höchsten Präsidentenamt, erklärte vor Jahren in einer vielbeachteten Rede, man könne nicht für alle Probleme das Embargo verantwortlich machen.

Tatsächlich wirkten sich auch die US-Wirtschaftssanktionen gegen Kuba schädlich auf die wirtschaftliche Entwicklung des Landes aus, sagte Mauricio De Miranda, Co-Direktor des Think Tanks „CubaxCuba“, jüngst der deutschen Tageszeitung „Welt“. Die Folge seien ein erschwerter Zugang des Landes zu internationalen Krediten und die Verfolgung von Unternehmen, die mit kubanischen Firmen Geschäfte machten, so der Professor der Universität Javeriana in Cali (Kolumbien). „Die Hauptprobleme hängen jedoch mit der Unwirksamkeit des zentralisierten Wirtschaftsverwaltungsmodells und der gescheiterten Politik zur Überwindung der Krise zusammen“, sagte Miranda.

Hinzu kommt ein massives Problem mit einem Massenexodus aus Kuba. Seit Ausbruch der Sozialproteste 2021, auf die die Regierung mit hohen Haftstrafen reagierte, haben rund drei Prozent der etwa elf Millionen Kubaner die Insel verlassen. Die US-Behörden zählten rund 300.000 Migranten seit 2021. Die politischen Intimfeinde USA und Kuba einigten sich daraufhin auf Abschiebeflüge aus den Vereinigten Staaten nach Kuba.

Von Tobias Käufer (KNA)

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