Flagge Kubas (Cuba)
Regime geht gegen „Feinde der Revolution“ vor

Wegen Lebensmittelkrise: Sozialproteste in Kuba

Havanna  ‐ Ungewohntes Bild: Im kommunistischen Kuba sind am Sonntag viele Menschen auf die Straßen gegangen. Sie protestierten gegen die katastrophale Versorgungslage auf der Karibikinsel. Das Regime reagierte prompt.

Erstellt: 19.03.2024
Aktualisiert: 18.03.2024
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Von Tobias Käufer (KNA)

Kuba wird erneut von Sozialprotesten erschüttert. Wie unabhängige Medien und Aktivisten berichten, gingen am Wochenende in Santiago de Cuba, aber auch in anderen Städten Tausende Menschen zu spontanen Demonstrationen auf die Straßen. Die Teilnehmer forderten „Lebensmittel“ und „Freiheit“, was in dem kommunistischen Ein-Parteien-Staat zu ernsten Problemen führen kann.

Auch der Schlachtruf „Patria y Vida“ (Vaterland und Leben) ist immer wieder in Videos zu hören, die im Internet kursieren. Dies ist zugleich der Titel eines populären Protestsongs. Autor und Grammy-Gewinner „Maykel Osorbo“ war dafür im Juni 2022 zu neun Jahren Haft verurteilt worden; er sitzt immer noch im Gefängnis.

Kubas Präsident Miguel Diaz-Canel reagierte auf der Online-Plattform X auf die jüngsten Proteste und twitterte, die Institutionen von Partei, Staat und Regierung seien bereit, dem Volk zuzuhören. Zugleich warf er „Feinden der Revolution“ vor, die Kundgebungen „für destabilisierende Zwecke“ auszunutzen. Terroristen mit Sitz in den USA hätten zu Aktionen gegen die innere Ordnung Kubas aufrufen. Das von den USA verhängte Handelsembargo habe das Ziel, „uns zu ersticken“.

Versorgungslage katastrophal

Die Versorgungslage in Kuba ist katastrophal. Zuletzt sorgten Meldungen für Aufsehen, dass die Regierung das Welternährungsprogramm erstmals um die Lieferung von Milchpulver gebeten habe, um die Versorgung von Kleinkindern sicherzustellen. Die offiziell nicht zugelassene Opposition wirft den Machthabern Korruption und ein dysfunktionales Planwirtschaftsmodell vor. Tatsächlich wurde Wirtschaftsminister Alejandro Gil kürzlich wegen angeblicher Korruption verhaftet.

Der Vorgang zeige den chaotischen Zustand der Wirtschaft, sagte der Wirtschaftswissenschaftler und Journalist Orlando Freire Santana dem regierungskritischen Portal „Marti Noticias“. Er führte aus: „Es gibt fast keine Produktion. Nur drei Provinzen waren in der Lage, die Standardquote der Milchproduktion für Kinder bis zum Alter von sieben Jahren zu decken - der Rest musste importiert werden.“ Da sich das Land aber in einer anhaltenden Finanzkrise befinde, sei es sehr schwierig, das Geld für die Einfuhr all dieser Milch aufzubringen.

Bereits 2021 hatte es auf Kuba landesweite Proteste gegeben. Zunächst waren Kulturschaffende auf die Straßen gegangen; danach schlossen sich Tausende Menschen den bis dato größten Demonstrationen an. Die Regierung verhängte jahrelange Haftstrafen gegen viele Teilnehmer.

Auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) teilte die regierungskritische Gefangenen-Hilfsorganisation „Prisoners Defenders“ mit, es gebe derzeit mehr als 1.000 politische Gefangene in dem Karibikstaat. Darunter ist nach Angaben der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) auch der Deutsch-Kubaner Luis Frometa Compte, der wegen des Filmens der Proteste zu 25 Jahren Haft verurteilt wurde.

Erschwerend für Kubas Gesellschaft kommen massive Probleme durch den andauernden Exodus hinzu. Seit Ausbruch der Proteste vor rund drei Jahren haben rund drei Prozent der Bevölkerung die Insel überwiegend in Richtung USA

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