Perus Regierung geht gegen illegale Goldgräber vor
Rohstoffe ‐ Ein Jahr nach dem Besuch von Papst Franziskus geht der peruanische Staat gegen illegale Goldgräber in der Region Madre de Dios vor. Die katholische Kirche des südamerikanischen Landes unterstützt das.
Aktualisiert: 15.11.2022
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Ein Jahr nach dem Besuch von Papst Franziskus geht der peruanische Staat gegen illegale Goldgräber in der Region Madre de Dios vor. Die katholische Kirche des südamerikanischen Landes unterstützt das.
In La Pampa liegt Aufbruch in der Luft. Ungeplanter, ungewollter Aufbruch. Das Dorf an der neuen Interoceanica-Schnellstrasse nach Brasilien ist seit Jahren ein Hotspot illegaler Goldgräberei im peruanischen Amazonasgebiet. Wenige Kilometer entfernt holzten die Goldgräber einen Baum nach dem anderen ab und gruben mit Saugmotoren den Boden auf der Suche nach Goldsplittern um. Derweil warteten an der Straße Ladenbesitzer, Kneipenwirte und Bordellbetreiber darauf, den Glücksrittern ihren Gewinn wieder abzujagen.
Seit Anfang März jedoch sind viele Läden in La Pampa geschlossen. Ein paar junge Frauen warten vor einer Kneipe auf die Kunden, die nicht kommen werden. Denn am 19. Februar hat der peruanische Staat 1.200 Polizisten, 300 Soldaten und 70 Staatsanwälte nach La Pampa geschickt, um die Goldgräber zu vertreiben, ihre Geräte zu zerstören und Straffällige festzunehmen. „Operation Quecksilber 2019“ heißt die Aktion zur Rettung des 11.000 Hektar großen ehemaligen Waldgebietes – in Anspielung auf das Schwermetall, das bei der illegalen Goldgewinnung den Boden und die Gewässer verseucht.
Bischof David Martinez vom Vikariat Puerto Maldonado begrüßt das energische Vorgehen der Regierung. Es ist nicht der erste militärische Eingriff gegen die Goldgräber in der Region Madre de Dios, aber dieses Mal soll die Wirkung dauerhaft sein. 300 Polizisten sollen dort nun für zwei Jahre stationiert werden. Eine Sorge des Vikariates ist, dass die Goldgräber einfach in andere Naturschutzgebiete oder in Lebensräume indigener Gemeinschaften weiterziehen könnten.
Auch wenn niemand genaue Zahlen hat, so sind es doch etliche tausend Familien, die direkt oder indirekt vom illegalen Goldschürfen leben und sich jetzt nach einer neuen Arbeit umsehen müssen. „Das Problem ist nicht nur Madre de Dios, auch in anderen Teilen des Landes leben viele arme Menschen“, sagt Martinez. „Das Problem Perus ist es, dass es nicht all seinen Bürgern ein Leben in Würde verschaffen kann.“
Madre de Dios steht indes nicht nur wegen der Zerstörung des Regenwaldes im Fokus. Im Januar 2018 besuchte Papst Franziskus anlässlich seiner Peru-Visite die Amazonasregion und fand deutliche Worte gegen die aus Gier vollzogene Vernichtung kostbarer Naturschätze. „Ich weiß nicht, ob es am Besuch des Papstes gelegen hat, dass die Regierung jetzt tätig wird“, so Martinez. Aber nach dem Besuch habe das Bewusstsein für die Problematik zugenommen, meint der 49-Jährige.
Yesica Patiachi sieht seit Jahren ohnmächtig zu, wie stark die Verlockung des Goldes in den Amazonasgemeinden ist. Die 33 Jahre alte Lehrerin vom Volk der Harakmbut berichtete dem Papst vor einem Jahr eindrücklich, wie Eindringlinge von überallher die Natur und die indigene Kultur zerstören. Den benachbarten Goldgräbern in ihrem Dorf Boca Colorado gefiel das gar nicht. Patiachi erhielt Drohungen.
„Es gab immer Goldschürfer bei uns, aber das waren Goldwäscher mit einer Pfanne“, sagt sie. Heute kämen sie mit großen Maschinen und Pumpen, die Tag und Nacht liefen. „Die Leute wollen mehr Geld, und es ist ihnen egal, wenn sie die Gräber unserer Ahnen umgraben.“ Auch einige Mitglieder ihres Volkes sähen keinen anderen Ausweg als das Goldgeschäft: „Wir leben von dem, was wir im Wald jagen oder sammeln. Wenn die Goldschürfer unseren Wald zerstören, dann müssen wir unser Essen kaufen“, erzählt Patiachi. „Und wie sollen wir Geld dafür verdienen, wenn nicht auch als Goldgräber?“
Das Vikariat Puerto Maldonado fördert deswegen Alternativen zum Goldschürfen. Die örtliche Caritas unterstützt Bauern bei ihrer Umstellung auf eine waldschonende Landwirtschaft, von der die Menschen leben können. Umweltschutz allein schafft kein Einkommen für die Armen. Bischof Martinez nimmt deswegen die Staaten der Ersten Welt in die Pflicht: „Es kann nicht sein, dass die Menschen im Norden wie immer konsumieren, aber von uns im Süden verlangen, als Selbstversorger zu leben, um die Natur zu schützen.“ Das sei letztlich nichts weiter als eine große Scheinheiligkeit.