Kein leichter Weg für die Bischöfe durch den Amazonas
Amazonas-Synode ‐ Kampf für Indigenen-Rechte und gegen eine ausbeuterische Wirtschaft, neue Wege in der innerkirchlichen Organisation, womöglich verheiratete Priester: Die Amazonien-Synode im Herbst verspricht kontroverse Debatten.
Aktualisiert: 18.06.2019
Lesedauer:
Kampf für Indigenen-Rechte und gegen eine ausbeuterische Wirtschaft, neue Wege in der innerkirchlichen Organisation, womöglich verheiratete Priester: Die Amazonien-Synode im Herbst verspricht kontroverse Debatten.
Es handle sich um eine „Spezialsynode für Amazonien“, betont Fabio Fabene, Untersekretär der Bischofssynode, und es gehe keineswegs darum, der gesamten katholischen Kirche ein „amazonisches Aussehen“ aufzuprägen. Der Kurienmitarbeiter will damit Hoffnungen der einen, Befürchtungen von anderen dämpfen. Indirekt gesteht er aber auch ein, dass in dem Bischofstreffen vom 6. bis 27. Oktober vielleicht mehr Zündstoff steckt, als dem Vatikan lieb ist.
Mit der Veröffentlichung des Arbeitspapiers der Synode am Montag ist das inhaltliche Programm der Beratungen relativ klar abgesteckt. Das spanische Original des sogenannten „Instrumentum laboris“ hat den Umfang eines kleinen Taschenbuchs von 140 Seiten und gliedert sich in drei Hauptteile mit den Kernbegriffen der „Stimme Amazoniens“, „ganzheitlicher Ökologie“ und einer „prophetischen Kirche“.
Nach Worten von Synoden-Generalsekretär Kardinal Lorenzo Baldisseri soll das Dokument die Lebenssituation der Menschen umreißen, die vielfach unter Ausbeutung und Umweltzerstörung leiden, und „neue Wege für eine effektivere Glaubensverkündigung“ anbahnen. In dem Zusammenhang geht es auch um die Frage, inwieweit die Kirche angestammte indigene Elemente in Verkündigung und Gottesdienst aufnehmen kann.
Die Bischöfe kommen auch nicht umhin, sich nach den Vorgaben der Enzyklika „Laudato si'“ (2015) mit dem Raubbau in der arten- und rohstoffreichen Region auseinanderzusetzen. Neben dem Schutz der Rechte von Indigenen stehen auch soziale Phänomene wie Migration, Urbanisierung, der Wandel der Familie und Korruption auf dem Plan.
Das jetzige Arbeitspapier fußt auf einem längeren Beratungsprozess. Seit etwa einem Jahr wurden laut Baldisseri in Zusammenarbeit mit dem Panamazonien-Netzwerk Repam auf 260 Veranstaltungen vor Ort die Themen und Anliegen sondiert. Dem peruanischen Kardinal und Repam-Vizepräsident Pedro Barreto Jimeno zufolge beteiligten sich an dieser Meinungsbildung insgesamt 87.000 Personen.
Ähnlich breit dürften die Erwartungen an konkrete Ergebnisse und klare Stellungnahmen sein. Das Arbeitspapier selbst spricht von der Notwendigkeit, sich als Kirche dem „Problem der Macht“ zu stellen. Die Menschen der Amazonasregion hätten „keine Gelegenheit, ihre Rechte gegenüber den großen Wirtschaftsunternehmen und den politischen Institutionen geltend zu machen“.
Dieser Programmpunkt ist auch vor dem Hintergrund zu lesen, dass Brasiliens rechtspopulistischer Präsident Jair Bolsonaro den Amazonaswald hauptsächlich als Wirtschaftsressource betrachtet und das Waffengesetz liberalisiert hat. Dabei kamen schon vor Bolsonaro zwischen 2002 und 2017 in Brasilien nach katholischen Angaben 1.119 Indigene bei der Verteidigung ihrer Rechte ums Leben. Die Kirche könne demgegenüber nicht gleichgültig bleiben, heißt es im Synodenpapier.
Innerkatholisch sorgt die Ankündigung für Interesse, dass auf der Synode über verheiratete Priester und Leitungsaufgaben für katholische Laien debattiert werden soll. Untersekretär Fabene betonte vorsorglich, Papst Franziskus habe eine allgemeine Aufhebung der verpflichtenden Ehelosigkeit für Priester ausgeschlossen. „Niemand will den Zölibat infrage stellen“, so Fabene. Allerdings werde der Mangel von Eucharistiefeiern aufgrund fehlender Priester als „Notstand“ empfunden.
Die Synode soll nun die Möglichkeit prüfen, in entlegenen Gegenden ältere und angesehene Familienväter zur Priesterweihe zuzulassen, um eine sakramentale Versorgung zu gewährleisten. In diesem „historischen Moment“ öffneten sich neue Räume für kirchliche Ämter, heißt es in dem Papier – auch für Frauen. Vom Diakonat sei nicht die Rede, unterstreicht Fabene.
Unterdessen hegen konservativ-katholische Beobachter die Befürchtung, mit einer stärkeren Würdigung der indigenen Kulturen mögen vielleicht fragwürdige Praktiken oder sogar fremde Glaubensvorstellungen in die Kirche Einzug halten. Statt die kirchlichen Ämter auszuweiten, solle man besser um Berufungen beten. Ein Journalist fragte bei der Vorstellung des Arbeitspapiers auch, ob die Befreiungstheologie wieder aufflackern werde. So oder so kann die Synode mit Interesse rechnen.