Erzbischof zur Lage der Indigenen im Amazonas
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Erzbischof zur Lage der Indigenen im Amazonas

Amazonas-Synode ‐ Dom Roque Paloschi ist Erzbischof der Amazonas-Stadt Porto Velho und Präsident des Indigenen-Missionsrates CIMI der Brasilianischen Bischofskonferenz. Im Interview sprach der 62-Jährige über die derzeit wütenden Brände am Amazonas und die Erwartungen an die Synode.

Erstellt: 13.09.2019
Aktualisiert: 12.09.2019
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Dom Roque Paloschi ist Erzbischof der Amazonas-Stadt Porto Velho und Präsident des Indigenen-Missionsrates CIMI der Brasilianischen Bischofskonferenz. Im Interview sprach der 62-Jährige über die derzeit wütenden Brände am Amazonas und die Erwartungen an die Sondersynode zur Zukunft Amazoniens.

Frage: Herr Erzbischof, wie sehr sind denn indigene Gebiete von den Bränden betroffen? Überall scheinen ja Holzhändler und Landräuber vorzudrängen ...

Erzbischof Roque Paloschi: Die Situation ist zum Verzweifeln und gleichzeitig eine Demütigung. Sie zeigt, wie unverantwortlich die Regierung auf die eine oder andere Art diese Welle von Bränden stimuliert hat. Dort, wo man bereits in öffentliches Land eingedrungen ist und es besetzt hat, will man damit die eigene Position verfestigen. Und ganz besonders geht es darum, sich indigenes Land, das bereits rechtmäßig zugeteilt wurde, unter den Nagel zu reißen. Wir sehen ja die neuen Zahlen über Brände in indigenen Gebieten in Amazonien.

Frage: Ja, der Missionsrat CIMI hat jetzt Daten vorgelegt, die von einer Zunahme der Feuer in indigenen Gebieten um 88 Prozent zwischen Januar und August sprechen, 9.078 Brände in 274 indigenen Gebieten ...

Paloschi: Und die Regierung ist mitverantwortlich, aber auch die Bevölkerung. Diese Verbrechen müssen angezeigt und die Leute hinter den Bränden bestraft werden. Die feiern ja diesen neuen Moment, den das Land gerade durchlebt, also die Auflockerung der Umweltgesetze. Und vor allem gieren sie nach immer mehr öffentlichem und indigenem Land.

Frage: Aber schützt die Zentralregierung denn die Wälder und die indigenen Gebiete Ihrer Meinung nach?

Paloschi: Derzeit beschützt die Regierung die indigenen Gebiete nicht. Stattdessen sorgt sie für das genaue Gegenteil, durch Dekrete und Diskurse voller Vorurteile. Der Hass-Diskurs der Regierung begünstigt den Landraub. Es ist traurig, der Präsident hat doch seinen Amtseid auf die Verfassung abgelegt, macht aber alles, um die Fortschritte dieser Verfassung von 1988 wieder rückgängig zu machen. Wir leben in Zeiten, in denen Rechte zerstört werden, und die indigenen Völker fühlen sich immer stärker bedroht. Und wir spüren weder bei der Zentralregierung noch bei den Landesregierungen, dass sie die Rechte dieser Völker verteidigen wollen.

Frage: Stattdessen heißt es, dass sich Nichtregierungsorganisationen (NRO) in die inneren Angelegenheiten Brasiliens einmischen. Präsident Bolsonaro sagte gar, die NRO hätten die Brände gelegt. Geht man auch den CIMI an?

Paloschi: Die Regierung sucht nun einmal immer einen Sündenbock, um von ihrer Verantwortung für die indigenen Gebiete abzulenken. Aber die Verfassung sagt klar, dass die Regierung diese Gebiete schützen muss. Aber es ist sehr einfach, den NRO die Schuld in die Schuhe zu schieben. Es gibt jedoch keinerlei Beweise für die Anschuldigungen des Herrn Präsidenten.

Wir beim CIMI machen unsere Arbeit weiter, weil wir denken, dass unsere Nähe den Ureinwohnern wichtig ist. Dafür ist der Missionsrat ja da. Nicht um andere zu bevormunden, sondern um Hoffnung zu verbreiten. Wir lassen uns von den Drohungen nicht einschüchtern.

Frage: Im Oktober beginnt die Synode zum Amazonasgebiet im Vatikan. Was wären denn Ihre persönlichen Wünsche, was könnte die Synode für die Arbeit des CIMI tun?

Paloschi: Also, die Synode ist ja kein Parlament, sondern das Treffen von Brüdern und Schwestern, die vom Wort Gottes angetrieben werden. Wir wollen neue Wege für die Kirche und eine integrale Ökologie auffinden. Die Umweltenzyklika „Laudato Si“ von Papst Franziskus war da ein starkes Signal. Man kann sagen, dass die Synode ein Kind dieser 2015 veröffentlichten Enzyklika ist.

Wenn ich mir etwas von der Synode wünschen könnte, dann würde ich um eine Kirche bitten, die näher an den Armen und den Ureinwohnern ist. Eine arme Kirche für die Armen.

Frage: Die Regierung sieht die Einmischung von Ausländern in Amazonien nicht gern, und der Vatikan ist eine solche ausländische Macht. Wo liegen eigentlich die Grenzen der Kirche für eine Einmischung?

Paloschi: Es ist nicht die Aufgabe des Vatikan, sich in anderen Ländern einzumischen. Die Aufgabe der Kirche ist es, all das anzuzeigen, was das Leben und die Würde sowie die Schöpfung bedroht. Die Synode wird die Autonomie und Souveränität aller Länder respektieren. Uns interessiert auch nicht, wer wo an der Regierung ist. Die Synode wurde im Oktober 2017 einberufen, als niemand ahnte, dass Jair Bolsonaro einmal Präsident sein würde.

Aber wir Katholiken haben nun einmal die Sorge um das „gemeinsame Haus“, und da rufen wir alle Leute guten Willens auf, mitzuhelfen, um die Schöpfung, diesen Garten, den Gott uns anvertraut hat, zu schützen. Wir haben nicht das Recht, ihn zu zerstören und zu vergiften.

Frage: Der Kirche fehlt Personal in Amazonien. Kann die Synode da Auswege aufzeigen?

Paloschi: Das ist das große Dilemma. In Pan-Amazonien, also Brasilien plus die Nachbarländer, leben mehr als 340 indigene Völker in einem Gebiet von kontinentalem Ausmaß. Und genau in diesem Ambiente muss die Kirche Wege für ihre Mission finden. Die Synode wird aber nicht festlegen, was die Lösung ist. Mehr als 87.000 Personen haben im Vorfeld ihre Anregungen eingereicht, und die Synode wird, geführt vom Heiligen Geist, sich all dies anhören. Aber die Synode gibt keine Antworten. Der Papst wird das hinterher tun.

Frage: Könnte man verstärkt auf indigene Priester und Laien setzen?

Paloschi: Klar, wir haben bisher nur wenige indigene Priester. Vor uns liegt noch die Aufgabe, eine Kirche zu erschaffen, die stärker nach Amazonien aussieht. Das passiert aber nicht durch Zauberei. Aber es gibt ja in Lateinamerika durchaus bereits gute Erfahrungen mit einer stärkeren Mitwirkung der Laien.