Angesichts solcher sozialer Akzente sehen manche die Befreiungstheologie wiedererstehen. Tatsächlich nimmt das Synodenprogramm entsprechende Fäden wieder auf, nicht zuletzt mit der „Option für die Armen“. Der Hauptgeschäftsführer des Lateinamerika-Hilfswerks Adveniat, Michael Heinz, rechnet mit einer kontroversen Debatte. Unter den lateinamerikanischen Bischöfen seien die Ansichten ebenso verschieden wie in Europa, sagte er im Vorfeld; konservative Kräfte würden während der Synode „bremsen“.
Besonders heikel wird die Frage sein, wie die Kirche in Amazonien den vom Papst gewünschten „missionarischen Schwung“ entfalten kann. Zur Debatte stehen alternative Formen von Gemeindeleitung in den oft entlegenen Gebieten, eine Übertragung priesterlicher Aufgaben an Familienväter sowie neue Ämter für Frauen. Für konservative Katholiken ein Rotes Tuch.
Auf ähnliche Skepsis stößt auch die Öffnung gegenüber indigenen Traditionen. In seiner Predigt bekannte der Papst Verfehlungen früherer Missionsmodelle: Oft sei die Frohe Botschaft „nicht angeboten, sondern aufgezwängt worden“. Am Freitag nahm er an einem Schöpfungsgebet mit indigenen Riten und Gesängen lateinamerikanischer Katholiken in den vatikanischen Gärten teil. Europäische Glaubensbrüder wittern darin einen Einbruch des Heidnischen in die Kirche.
Im Eröffnungsgottesdienst, der zu Teilen auf Latein und ohne wesentliche Präsenz von Indigenen stattfand, appellierte Franziskus an die Bischöfe, sich „in Feinfühligkeit für die Neuheit des Geistes zu entscheiden“. Die Gottesdienstgemeinde rief die Heiligen um Beistand an. Unterdessen veranstalteten konservative Katholiken um US-Kardinal Raymond Leo Burke (71) einen „Gebetskreuzzug“, um die Synode von Häresien abzuhalten. Gebet gegen Gebet.