Die franziskanischen Grundideen der brüderlichen Nähe zu den Armen und zur gesamten Schöpfung sind bis heute Leitgedanken in Boffs Denken. Für die Umweltenzyklika „Laudato si'“ forderte Papst Franziskus auch Material von Boff an und ließ einige Gedanken in den Text einfließen. Dass die beiden früher mal zwei sehr unterschiedliche Ausprägungen der Befreiungstheologie vertraten, ist inzwischen Schnee von gestern. „Papst Franziskus ist einer von uns“, sagt Boff.
Er pflegt bis heute Kontakt zu anderen einst großen Namen in der internationalen Theologenszene. Mit einigen von ihnen teilt er das Schicksal, in der „Ära Ratzinger“ durch Maßregelungen aus Rom einerseits gelitten, andererseits aber zusätzliche Prominenz gewonnen zu haben.
Zu seinen Weggefährten zählt auch Hans Küng (90). Als der Schweizer vor einigen Jahren angesichts körperlicher Gebrechen öffentlich darüber zu räsonieren begann, dass er für sich das Recht auf einen (assistierten) Suizid in Anspruch nehmen könne, widersprach ihm Boff. Das Leiden in Alter, Krankheit und Sterben sei doch gerade die Zeit, in der man als bürgerlicher Akademiker von Gott mit den Armen auf eine Stufe gestellt werde, argumentierte er. Solidarität mit den Leidenden, so wie Jesus sie am Kreuz vorlebte, sei auch am Lebensende eine Aufgabe für einen Theologen.