Flagge von Ecuador Symbolbild
Adveniat zur Präsidentschaftswahl in Ecuador

„Alleingelassen und von internationalen Drogenkartellen zermahlen.“

Essen ‐ Am kommenden Sonntag wählt Ecuador einen neuen Präsidenten - oder eine Präsidentin. Doch die Situation im Land ist schwierig, berichtet das Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat.

Erstellt: 05.02.2025
Aktualisiert: 04.02.2025
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Das Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat blickt vor den Wahlen am 9. Februar mit Sorge auf die Lage im südamerikanischen Ecuador. Das Land werde weltpolitisch alleingelassen und von den global agierenden Drogenkartellen zermahlen, so die Ecuador-Referentin des Hilfswerks, Martina Fornet Ponse vor der ersten Runde der Präsidentschaftswahl am kommenden Sonntag. Als aussichtsreiche Kandidaten stehen sich Amtsinhaber Daniel Noboa, der im November 2023 ins Amt kam, und Luisa González von der Partei Revolución Ciudadana des früheren, linksgerichteten Präsidenten Rafael Correa gegenüber.

Ganz gleich, wer das Rennen macht – Adveniat sieht das Land vor gigantischen Herausforderungen: Galt Ecuador lange als vergleichsweise sicher und ruhig, hat es sich in den letzten Jahren zu einem Hotspot der Gewalt und zu einer Drehscheibe des Drogenhandels entwickelt.

In nur vier Jahren ist die Mordrate von sieben auf 47 Morde pro 100.000 Einwohner angestiegen. Auftragsmorde, Entführungen, Schutzgelderpressungen, Gewalt in Gefängnissen sind an der Tagesordnung. „Präsident Noboa hat in den vergangenen eineinhalb Jahren versucht mit Härte gegenzuhalten und ist damit gescheitert“, berichtet Fornet Ponse fest. Es brauche ein entschiedenes Eintreten gegen staatliche Korruption und politische Einflussnahme der Kartelle sowie ein starkes Bündnis der Regierung mit der Kirche und zivilgesellschaftlichen Organisationen.

In großen Teilen Ecuadors trauen sich die Menschen nicht mehr auf die Straße. Wirtschaft und Handel, die sich bereits in einer Krise befinden, werden durch die organisierte Kriminalität weiter geschwächt. Denn die Routen des Drogenhandels haben sich verändert. Wurden früher überwiegend die USA beliefert, nutzen die Kartelle aus Kolumbien und Mexiko jetzt Ecuadors Häfen, damit insbesondere Kokain in Richtung China und Europa, versteckt in Containern mit Bananen und anderen Gütern, verschifft wird.

Adveniat-Expertin Fornet Ponse sieht daher auch Europa in der Pflicht. „Hier müssen Deutschland und Europa ihrer Verantwortung gerecht werden. Anstatt Ecuador und andere Länder in diesen Fragen allein zu lassen, braucht es abgestimmte Initiativen, um dem global agierenden Organisierten Verbrechen Grenzen zu setzen“, fordert sie.

Frauen organisieren sich

Auch die ecuadorianischen Partner des Hilfswerks leiden unter der Situation. „Wir wollen ein Land, frei von Gruppen, die die Sicherheit, die Unversehrtheit und die Rechte der Menschen bedrohen“, fordern  beispielsweise die „Mujeres de Sucumbios“, ein Zusammenschluss aus insgesamt 95 Frauenverbänden der Region Sucumbios.

Der Dachverband setzt sich für die Rechte von Frauen ein und prangert die nach wie vor strukturelle und weit verbreitete Gewalt gegen Frauen an. Morde an Frauen, also Femizide, sexuelle und häusliche Gewalt sind an der Tagesordnung. Entsprechend fordern sie von einer neuen Präsidentin oder einem neuen Präsidenten gezielte finanzielle Unterstützung, damit arme Frauen, die an den Rändern der Städte oder auf dem Land leben, sich aus ihren Abhängigkeiten befreien und selbstständig berufliche und wirtschaftliche Perspektiven entwickeln können.

Zudem fordern die „Mujeres de Sucumbios“ eine konsequente Umweltpolitik. Sie setzen sich dafür ein, dass im Amazonasgebiet die Verschmutzung verringert, die Brandstiftungen beendet und der Bergbau gestoppt wird. „Weil dadurch die Flüsse vergiftet werden, die die Lebensadern für die Menschen, die Tiere und die Pflanzen sind“, sagen sie.

Nach Ansicht von Adveniat leben die „Frauen von Sucumbios“ als Zusammenschluss von kirchlichen zivilgesellschaftlichen Frauenverbänden beispielhaft vor, wie die Menschen in Ecuador an der Basis in die Lage versetzt werden, sich gegen Gewalt und die Vernichtung ihrer Lebensgrundlagen sowie für eine demokratische und gerechte Gesellschaft einzusetzen.

An das künftige Staatsoberhaupt hat Adveniat-Referentin Fornet-Ponse daher konkrete Erwartungen: „Die künftige Präsidentin oder der künftige Präsident muss Bündnisse mit den Menschen guten Willens im Land aber auch international schließen“, fordert sie.

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