Brasiliens Präsident Lula will globale Allianz gegen Hunger
Rio de Janeiro ‐ Die „Globale Allianz gegen den Hunger“ soll weltweit Sozialprogramme finanzieren. Doch noch gibt es keine Einigung innerhalb der G20 über die Finanzierung.
Aktualisiert: 25.07.2024
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Es soll das Markenzeichen der brasilianischen G20-Präsidentschaft werden: die Bekämpfung von Hunger. Dazu will Brasiliens Präsident Luiz Inacio Lula da Silva auf dem G20-Gipfel Mitte November in Rio de Janeiro eine globale Allianz verkünden. Dies gab der linke Politiker am Mittwoch (Ortszeit) in Rio de Janeiro bekannt. Dort hatte Anfang der Woche ein Treffen der G20-Entwicklungsminister stattgefunden.
„Im 21. Jahrhundert ist nichts so absurd und inakzeptabel wie das Fortbestehen von Hunger und Armut“, sagte Lula. Brasilien hat dieses Jahr turnusmäßig die Präsidentschaft der Ländergruppe inne.
Obwohl es Ziel der Vereinten Nationen ist, den Hunger bis 2030 ausgerottet zu haben, hungern derzeit laut UN weltweit immer noch rund 733 Millionen Menschen. Lulas „Globale Allianz gegen den Hunger“ soll nun Initiativen für die Förderung der Lebensmittelproduktion und die Bekämpfung des Hungers ankurbeln. Als Vorbild gelten Programme für arme Familien, zur Kreditvergabe an Kleinbauern sowie zum Aufkauf von Ernten, die Lula während seiner ersten Präsidentschaft von 2003 bis 2010 in Brasilien erfolgreich eingeführt hatte.
Die Allianz soll als Vermittler zwischen Kreditgebern, beteiligten Ländern sowie Organisationen dienen, die die Sozialprojekte ausführen. Als Sitz sollen zwei Büros dienen, eines am Sitz der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen in Rom und eines in Brasiliens Hauptstadt Brasilia. Die Verwaltungskosten für den Aufbau der Strukturen werden bis 2030 auf rund 20 Millionen US-Dollar geschätzt. Brasilien werde die Hälfte davon übernehmen, erklärte Lula.
Norwegen und Spanien sollen bereits die Bereitschaft signalisiert haben, sich an den Kosten zu beteiligen. Derweil soll Bangladesh Interesse haben, der Allianz beizutreten. Zudem erklärte die Weltbank ihre Unterstützung und setzte Ernährungssicherheit auf ihre strategische Agenda. Auch die Interamerikanische Entwicklungsbank und die Afrikanische Entwicklungsbank wollen mitmachen.
Brasiliens Diplomatie arbeitet seit der Übernahme der G20-Präsidentschaft im Dezember an einem Abschlussdokument, in dem die G20-Länder im November feste Finanzierungszusagen machen. Bisher jedoch ohne Erfolg. Der Widerstand einiger Länder soll so groß gewesen sein, dass Brasilien im April kurzfristig andachte, die gesamte Anschubfinanzierung alleine zu stemmen. Davon ist man nun aber offensichtlich abgerückt.
Laut Lula ist der Hunger ein Zeichen für mangelnden politischen Willen. „Heute produziert die Welt mehr als genug Nahrungsmittel, um den Hunger auszurotten. Was bleibt, ist die Schaffung von Bedingungen für den Zugang zu Nahrungsmitteln“, sagte der Präsident.
Er beklagte, dass viele Länder eher Geld für den Kauf von Waffen ausgeben. So stiegen die Ausgaben für Rüstung zuletzt um 7 Prozent an, auf global 2,4 Billionen US-Dollar 2023, sagte Lula. „Diese Logik umzukehren ist ein moralischer Imperativ der sozialen Gerechtigkeit, aber auch unerlässlich für eine nachhaltige Entwicklung.“
Lula machte zudem die „neoliberale Globalisierung“ der vergangenen Jahrzehnte für Hunger und Armut verantwortlich. „Noch nie hatten so viele so wenig und so wenige so viel Reichtum konzentriert. Im 21. Jahrhundert ist nichts so absurd und inakzeptabel wie das Fortbestehen von Hunger und Armut, wenn uns so viel Überfluss, so viele wissenschaftliche und technologische Ressourcen und die Revolution der künstlichen Intelligenz zur Verfügung stehen.“
Ab Donnerstag findet in Rio auch ein Treffen der G20-Finanzminister statt. Thema soll auch eine stärkere Besteuerung für Großverdiener sein. Der französische Ökonom Gabriel Zucman hat dazu eine Studie erstellt. „Diese zeigt, dass wir 200 bis 250 Milliarden US-Dollar pro Jahr aufbringen könnten, wenn Milliardäre den Gegenwert von 2 Prozent ihres Vermögens an Steuern zahlen würden“, erklärte Brasiliens Wirtschaftsminister Fernando Haddad.
Dies sei etwa fünfmal so viel, wie die zehn größten multilateralen Banken 2022 für die Bekämpfung von Hunger und Armut eingesetzt haben, so der Minister. Allerdings würden überall auf der Welt Superreiche Tricks nutzen, um Steuern zu umgehen.
Präsident Lula erinnerte daran, dass das Vermögen der Milliardäre in aller Welt in den letzten drei Jahrzehnten von 4 auf nun 14 Prozent des globalen Bruttosozialprodukts gestiegen sei. „Einige Personen verfügen über mehr Geld als so manches Land“, sagte Lula.