Förderprogramme für geflohene Theologen angeregt

Theologin: Liberale Kräfte in russisch-orthodoxer Kirche fördern

Berlin ‐ Die russisch-orthodoxe Kirche unterstützt den russischen Krieg gegen die Ukraine durch religiöse Unterfütterung. Dabei befand sie sich in der Vergangenheit durchaus im theologischen Austausch mit dem Westen Europas.

Erstellt: 19.07.2023
Aktualisiert: 19.07.2023
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Die katholische Theologin Regina Elsner hat zur Stärkung liberaler Kräfte in der russisch-orthodoxen Kirche aufgerufen. Zwar spiele die orthodoxe Kirche eine „enorme Rolle“ im Angriffskrieg auf die Ukraine, weil sie eine „religiös aufgeladene Kriegsideologie“ unterstütze, erklärte Elsner am Dienstagabend in der Berliner Katholischen Akademie. Seit Jahrhunderten gebe es in der russisch-orthoxen Kirche aber auch eine derzeit unterdrückte Tradition des „regen Austausches“ mit theologischen Entwicklungen im Westen Europas, die gefördert werden müsse, betonte die Ostkirchen-Expertin an der Universität Münster.

Derzeit sei dies jedoch nur möglich, indem ins Ausland geflohene russisch-orthodoxe Theologen etwa durch Förderprogramme in die Lage versetzt würden, die verdrängten liberalen Traditionen ihrer Kirche wiederzubeleben, sagte Elsner. In Russland selber sei dies kaum möglich, weil die orthodoxe Kirche dort immer noch in enger Abhängigkeit vom Staat sei und sich deshalb nicht mit gesellschaftlichen Forderungen nach mehr Freiheit auseinandersetze.

Veränderungsprozesse sind möglich

In der Ukraine habe sich dagegen in den vergangenen 30 Jahren gezeigt, welche Veränderungsprozesse möglich seien, wenn die orthodoxe Kirche aus der Gesellschaft dazu gedrängt werde, so die Ostkirchen-Expertin. Diese Entwicklung sei ein „Schreckensszenario für Russland“ und unter anderem eine Erklärung für den Angriffskrieg.

Elsner sprach bei einer Veranstaltung mit dem Philosophen Vittorio Hösle über den Angriffskrieg auf die Ukraine. Auch Hösle wandte sich dagegen, „die Hoffnung aufzugeben, dass Völker sich verändern“. Zugleich warnte er davor, „die Macht von Traditionen zu unterschätzen“. Mit Blick auf die russische Orthodoxie sei er „nicht sehr optimistisch“.

KNA

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