Wie Peking in Mittelamerika seine Macht ausbaut
China statt Taiwan – Honduras wechselt die Seiten

Wie Peking in Mittelamerika seine Macht ausbaut

Tegucigalpa ‐ Xiomara Castro hat sich entschieden: Die Linkspolitikerin sieht für Honduras an der Seite Chinas mehr Entwicklungspotential als mit dem Rivalen Taiwan. Ein Kardinal erinnert derweil an die Verdienste des Ex-Partners.

Erstellt: 05.04.2023
Aktualisiert: 31.03.2023
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Von Tobias Käufer (KNA)

Wenn die Zahl der Freundschaften kleiner wird, ist es besser, sie noch intensiver zu pflegen. Also hat sich Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen (66) auf eine Reise in die USA, nach Guatemala und Belize gemacht. In den Vereinigten Staaten erhofft sich Tsai Ing-wen weitere Rückendeckung Washingtons gegen den immensen Druck aus China. Die Stationen in Mittelamerika in dieser Woche sind aber auch politische Botschaften – und Rückversicherungen.

Denn hier hat es in jüngster Zeit herbe Rückschläge für den Inselstaat gegeben. Honduras, seit über einem Jahr von der linksgerichteten Präsidentin Xiomara Castro regiert, hat sich gegen Taiwan und für China entschieden. Und da Peking nicht zulässt, dass mit beiden Ländern gleichzeitig diplomatische Beziehungen gepflegt werden, hat Honduras angeordnet, dass Taiwan die Botschaft binnen 30 Tagen räumen und das Personal das mittelamerikanische Land verlassen muss.

„Heute machen wir einen historischen Schritt im Prozess der Konsolidierung und Stärkung unserer internationalen Beziehungen, insbesondere mit dem chinesischen Volk und der chinesischen Regierung“, erklärte Außenminister Enrique Reina vor wenigen Tagen. Honduras erkenne „tatsächlich an, dass es nur ein China in der Welt gibt und dass die Regierung der Volksrepublik China die einzige legitime Regierung ist, die ganz China vertritt“, fügte er hinzu. Ein diplomatischer Sieg für Peking – und eine krasse Demütigung für Taiwan.

Die taiwanesische Regierung warnte Honduras, sich nicht allzu viele Hoffnungen zu machen, dass all die chinesischen Versprechen auch eingelöst werden. In Tegucigalpa ist die Regierung überzeugt, dass Peking ins Land investieren wird und so neue, dringend benötigte Arbeitsplätze entstehen. Von Milliardengeldern ist die Rede. Präsidentin Castro werde demnächst zu einem offiziellen Besuch in die Volksrepublik reisen, um dort vielversprechende Abkommen zu unterzeichnen, versprach Außenminister Reina am Mittwoch (Ortszeit) via Twitter.

Was genau unterzeichnet wird, ist unklar.

Was genau da unterzeichnet wird, weiß aber noch niemand so genau. Für die USA jedenfalls ist die honduranische Entscheidung eine Niederlage. Vor allem Vizepräsidentin Kamala Harris hatte sich intensiv um Castro bemüht. Doch die zeigte Washington wiederholt die kalte Schulter.

Eine fast wortgleiche Erklärung wie die der honduranischen Regierung hatte vor gut zwei Jahren Nicaraguas Außenminister Denis Moncada verlauten lassen. Auch das Regime von Diktator Daniel Ortega brach 2021 die Beziehungen zu Taiwan ab und wechselte die Seiten. China gehört seitdem zu den wenigen Ländern, die trotz aller Menschenrechtsverletzungen des Ortega-Regimes fest und treu zu Managua steht.

Binnen kurzer Zeit konnte China dem Erzrivalen Taiwan damit zwei Länder „abnehmen“. Für Taiwan wird es damit immer schwieriger, internationale Partner zu finden. Diese Entwicklung hat für die Insel dramatische Konsequenzen: Wenn niemand mehr Taiwans Unabhängigkeit anerkennt, sinkt auch Pekings Hemmschwelle, die Insel irgendwann militärisch zu vereinnahmen.

Der seit 70 Jahren schwelende Konflikt zwischen der Volksrepublik China und der „Republik China“ (Taiwan) hat sich in den vergangenen Monaten zugespitzt. Peking droht offen damit, die „Wiedervereinigung“ mit Taiwan mit Waffengewalt zu erzwingen. Weltweit unterhalten nur noch gut ein Dutzend Länder offiziell diplomatische Beziehungen mit Taiwan; darunter der Vatikan, nicht aber Deutschland. Dessen Interessen werden durch das Deutsche Institut Taipei wahrgenommen.

Mit Sorge sehen die katholischen Bischöfe Taiwans auch die Annäherung zwischen dem Vatikan und Peking. 2018 appellierten sie an Papst Franziskus, durch ein Abkommen mit der Volksrepublik China die Rechte und Interessen Taiwans „nicht zu opfern“. Das geheime Abkommen mit Peking zur gegenseitigen Anerkennung von Bischofsernennungen wurde im Herbst 2018 geschlossen und seither zweimal verlängert.

Unterdessen erinnerte der honduranische Kardinal Oscar Andres Rodriguez Maradiaga als eine von wenigen Persönlichkeiten daran, was Taiwan für sein Land geleistet habe. Er sei dankbar für die Hilfe bei zahlreichen Sozialprojekten und auf der Ebene der Landwirtschaft. Besonders in den 80er Jahren habe Taiwan fest an der Seite von Honduras gestanden und geholfen, sagte Rodriguez Maradiaga am vergangenen Wochenende bei einem Gottesdienst. Was nun aus diesen Verbindungen wird, ist unklar. Taiwan ist nicht mehr erwünscht in Honduras.

KNA

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