Anbaumethoden anpassen – oder die Ernte verlieren
Tegucigalpa/Köln ‐ Weltweit müssen Bauern ihre Anbaumethoden inzwischen dem Klimawandel anpassen, um Ernteverluste und Pflanzenschäden zu vermindern. Doch das ist gar nicht so einfach.
Aktualisiert: 05.10.2022
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Aufmerksam stehen die Bäuerinnen und Bauern rund um das Feuer, über dem ein weißliches Gebräu köchelt. Unter Rühren werden darin Kalk und Schwefel aufgelöst. Agraringenieurin Teresita Jesús Lopéz Martinez erklärt, wie der Sud angewendet wird. „Er hilft gegen Pilzerkrankungen und Milben und kann in Kaffeepflanzungen sowie beim Anbau von Bohnen und Gemüse eingesetzt werden. Dazu muss er einfach aufgesprüht werden.“ Die Schulungsteilnehmer nicken. Diesen Sud anstatt herkömmlicher Pestizide zu verwenden, hat klare Vorteile: Seine Herstellung kostet nur ein Viertel dessen, was vergleichbare Mittel im Laden kosten. Und er ist ungiftig, schädigt weder Gesundheit noch Umwelt.
Anbautipps wie diese erhalten die Bauernfamilien aus der Region Danlí regelmäßig von KOLPING Honduras. Im Rahmen einer „Escuela de Campo“ (Feldschule) finden zwei Mal pro Woche landwirtschaftliche Schulungen statt, in der sie verbesserte Nutzviehhaltung und Möglichkeiten der Erntesteigerung kennenlernen. Ökologische Anbaumethoden zum Schutz der Umwelt und Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel sind dabei immer öfter zentrale Themen. Denn seit es heißer und zugleich feuchter geworden ist, haben die Landwirte auf ihren Feldern ständig mit Pilzerkrankungen zu kämpfen – eines von vielen Problemen, die die Erderwärmung und heftige Wetterphänomene mit sich bringen. „Honduras ist vom Klimawandel sehr stark betroffen. Wir erleben immer häufiger Extreme, entweder Hitze oder zu viel Regen“, fasst Teresita die Lage zusammen. „Alleine letztes Jahr gab es zwei schwere Hurrikans, die viel Regen und Überschwemmungen mit sich brachten. Das führte zu Erdrutschen und viel fruchtbarer Boden wurde weggespült.“
Ernährungssicherheit in Gefahr
Dass die Klimakrise ernste Konsequenzen mit sich bringt, erleben Maria Eletis Martínes Espinoza und ihr Mann Pedro Arturo Figueroa Castellanos längst in ihrem landwirtschaftlichen Arbeitsalltag. „Nach den Hurrikans war es so feucht, dass wir unsere Bohnen nicht trocknen konnten. Die ganze Weltweit müssen Bauern ihre Anbaumethoden inzwischen dem Klimawandel anpassen, um Ernteverluste und Pflanzenschäden zu vermindern. In Mittelamerika hilft Kolping Honduras den Familien mit landwirtschaftlichen Schulungen und Kleinkrediten. Hilfe in der Klimakrise Maria ist froh, dass die Familie ihre Landwirtschaft an den Klimawandel anpassen und auf Kochbananen umstellen konnte. Ernte ist verschimmelt“, erzählt Pedro. „Und unsere Maisernte fiel in den letzten Jahren viel zu gering aus, weil es so trocken war.“ Solche Erfahrungen sind mittlerweile typisch im sogenannten „corredor seco“, einem trockenen Landstrich in Mittelamerika. Früher reichte dort der wenige Regen, um das Überleben der Menschen zu sichern. Doch seit der oft monatelang ausbleibt, gedeiht das wichtigste Grundnahrungsmittel Mais nicht mehr. Die Konsequenzen sind fatal, Berichte über mangelernährte Kinder und erhöhte Kindersterblichkeit häufen sich. „Die Ernährungssicherheit unseres Landes ist in Gefahr, denn die Bauern haben kaum Möglichkeiten, auf die Auswirkungen der Klimakrise zu reagieren“, bestätigt Agraringenieur Norman Danilo Escota Chirinos von der Landwirtschafts-Universität El Zamorano, der einige der Schulungen für Kolping Honduras leitet.
Kleinkredite für nötige Investitionen
Während viele honduranische Bauernfamilien keine andere Perspektive sehen, als ihr Land zu verlassen und in die USA zu flüchten, haben Maria und Pedro das Glück, Mitglied einer starken Gemeinschaft zu sein. Kolping Honduras ist einer der am schnellsten wachsenden Kolpingverbände weltweit. In nur 16 Jahren gewann der 2004 gegründete Verband über 5.000 Mitglieder. Maria wundert diese Zahl nicht. „Kolping empfängt auch die einfachen Leute mit offenen Armen und hilft ihnen. Uns hat Kolping neben landwirtschaftlichen Schulungen einen Kredit gegeben, mit dem wir auf den Anbau von Kochbananen umstellen konnten“, sagt sie. Und dann erzählt sie stolz, wie sie mit vereinter Kraft das Maisfeld umpflügten, um darauf Bananensetzlinge zu pflanzen – gedüngt mit organischem Kompost. Wie man diesen Biodünger herstellt, hatte das Ehepaar ebenfalls in der Feldschule gelernt. „Wir befinden uns mitten in einer Krise. Deshalb ist es umso wichtiger, dass wir so schonend wie möglich mit unseren Ressourcen umgehen und dafür sorgen, dass die Böden nicht degradieren und das Wasser nicht verseucht wird“, bekräftigt Norman den Gebrauch ökologischen Düngemittels. Und noch etwas lehrt der Agraringenieur den Bauern rund um Danlí: Er vermittelt ihnen, wie wichtig es ist, die Felder nicht noch weiter auszudehnen, sondern stattdessen den ursprünglichen Wald zu erhalten.
Bei Pedro und Maria trifft Norman mit diesem Aufruf auf offene Ohren. Die Familie wohnt am Rande eines tropischen Waldes, durch dessen Wipfel Brüllaffen turnen. Schon ihre Vorfahren erfreuten sich an dem nächtlichen Brüllen. Würde es verstummen, wäre das für sie ein großer Verlust. „Die Natur ist unser Zuhause. Wir müssen sie für unsere Kinder erhalten“, betont Maria, und ihr Mann Pedro ergänzt: „Die Umwelt zu schützen heißt, das Leben zu schützen.“ Um den Wald vor ihrer Haustüre zu erhalten, haben die beiden
beantragt, dass er als besonders schützenswert eingestuft wird. „Wenn wir langfristig überleben wollen, müssen wir zwei Dinge tun: Die Natur bewahren und uns den Veränderungen anpassen“, so Pedro.
Doch Anpassung erfordert oft auch Investitionen. Die neu angebauten Bananenstauden brauchen zwar nicht ganz so viel Wasser wie Mais. Doch ohne zusätzliche Bewässerung kommen auch sie nicht aus. Deshalb gruben Maria und Pedro einen Brunnen und investierten einen Teil ihres Kredites von Kolping in eine Pumpe, die nun ein Bewässerungssystem auf dem Feld speist. Das Problem der in der Feuchtigkeit verschimmelnden Ernten konnte das Bauernpaar mithilfe eines Trockenzeltes lösen. Es besteht aus langlebigem Plastik, unter dem sich die Sonnenwärme, nicht jedoch die Feuchtigkeit staut. So können Bohnen und Getreide schneller trocknen. „Kolping hilft uns dabei, unsere Landwirtschaft so zu verändern, dass wir dem Klimawandel und seinen Folgen nicht mehr schutzlos ausgeliefert sind“, sagt Maria dankbar.
Dieser Text stammt aus dem Jahresbericht von Kolping international cooperation e.V.
Wir danken für die Erlaubnis zur Übernahme.